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DGB legt Modell für Bürgerversicherung vor

Stufenweise zu gerechterer Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung

  • Ulrike Henning
  • Lesedauer: 3 Min.
Krankenkassen erwarten mehrere Milliarden Mindereinnahmen im Jahr 2014. Der Deutsche Gewerkschaftsbund präsentierte am Freitag ein Modell zur schrittweisen Einführung einer Bürgerversicherung. Damit könne das Defizit ausgeglichen werden.

Angesichts von Rücklagen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) von fast 28 Milliarden Euro sollte ein höheres Defizit im Gesundheitsfonds keine Sorge bereiten. Das steht aber für das nächste Jahr in Aussicht, wie Schätzungen der Krankenkassen zeigen, auf die sich der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) stützt. Demnach wird für 2014 mit einem Minus von zehn Milliarden Euro im Fonds gerechnet. Diese Summe setzt sich unter anderem aus einer Kürzung der Bundesbeteiligung von sechs Milliarden Euro, aus dem Auslaufen des Arzneimittelpaketes mit 1,7 Milliarden Euro und aus dem Wegfall der Praxisgebühr mit 1,8 Milliarden Euro zusammen. Die Ausgaben der Kassen werden aber weiter steigen, um etwa fünf Prozent pro Jahr.

Diese Zahlen nahm der DGB am Freitag zum Anlass, in Berlin sein Stufenmodell für eine gerechte GKV-Finanzierung vorzustellen. Angesichts eines ungewissen Ausgangs der Bundestagswahlen plädieren die Gewerkschaften für relativ kleine Schritte, die sie als Einstieg in die von allen Oppositionsparteien in Varianten geforderte Bürgerversicherung sehen. Ohne ein solches Modell, so DGB-Vorstand Annelie Buntenbach, könnte auf lange Sicht das bestehende strukturelle Defizit nicht beseitigt werden.

Großer Wert wird dabei auf die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung gelegt: Der Beitrag der Arbeitgeber soll von heute 7,3 Prozent schrittweise auf 7,6 Prozent erhöht, die Versicherten sollen parallel um bis zu 0,6 Prozentpunkte entlastet werden. Einen halben Prozentpunkt gewinnen will der DGB außerdem durch die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze: Wie schon jetzt bei der gesetzlichen Rentenversicherung sollen erst ab einem monatlichen Bruttoeinkommen von mehr als 5800 Euro die Beiträge nicht weiter ansteigen. Zur Zeit liegt diese Grenze bei etwa 3900 Euro.

Aus dem so gewonnenen Aufkommen wollen die Gewerkschaften sogar die Leistungen ausweiten, etwa Zahnersatz wieder erstattungsfähig machen. Einkommensunabhängige Zusatzbeiträge - die als Einstieg in das Kopfpauschalensystem gelten - sollen abgeschafft werden.

Ein weiterer Teil der Vorschläge hat Konsequenzen für die öffentlichen Haushalte: So soll der Bundeszuschuss für den Gesundheitsfonds »systematisch auf hohem Niveau« gehalten werden, vor allem wegen diverser sogenannter versicherungsfremder Leistungen wie häusliche Krankenpflege in einigen Fällen von Schwanger- und Mutterschaft oder bei den Beiträgen für Bezieher von Arbeitslosengeld II. Beide Positionen machen insgesamt schon knapp zehn Milliarden Euro aus. Außerdem soll die Umsatzsteuer für verschreibungspflichtige Arznei- und Hilfsmittel auf sieben Prozent gesenkt werden, wie sie auch für Lebensmittel gelten. Annelie Buntenbach sieht hier die Gefahr, dass eine derartige Steuersenkung auch in den Kassen der Pharmaunternehmen landen könnte. Gewollt sei das nicht, es ginge um eine Entlastung der Versicherungen.

Auch ein künftiges Verschwinden der Privaten Krankenkassen als Anbieter von Vollversicherungen solle nicht auf Kosten der Beschäftigten gehen, wenngleich von einem solchen Schritt für den DGB aktuell noch keine Rede ist. Eine kürzlich veröffentlichte Studie der Hans-Böckler-Stiftung zu beschäftigungspolitischen Folgen einer solchen Veränderung geht nach Buntenbach von einer zu pessimistischen Ausgangsposition aus.

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