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Kontrolle ist gut, Studieren ist besser

Radsportmanager Jörg Werner über Erfolge und Sauberkeit seiner Klienten Kittel, Martin und Degenkolb

  • Lesedauer: 3 Min.
Ex-Straßenradsportler Jörg Werner hat großen Anteil an vier der bislang fünf Etappensiege der deutschen Radprofis bei der Tour de France. Zeitfahrweltmeister Tony Martin, Sprintstar Marcel Kittel sowie dessen Anfahrer John Degenkolb gingen schon durch die Schule von Werners Thüringer Energie Team, der sie weiterhin als Manager betreut. Mit Tom Mustroph sprach er über die spezielle Philosophie dieser Kaderschmiede.

nd: Was macht die deutschen Sprinter und den Zeitfahrer Tony Martin gegenwärtig so gut?
Werner:Zunächst einmal sind alle mit sehr viel Talent ausgestattet. Zusätzlich haben sie ein Umfeld gefunden, in dem sie ihre Stärke optimal weiter entwickeln können. Tony Martin hat bei Omega viele technische Möglichkeiten für das Zeitfahren. Argos hat seinen Sprintzug ganz auf Marcel Kittel und John Degenkolb ausgerichtet. Deswegen haben wir diese Teams ausgewählt.

Aber die Basis wurde in Thüringen gelegt?
Ja, na klar. Aber wir haben danach auch die besten Entwicklungsmöglichkeiten in den Profiteams gefunden. Argos hat auch einen ähnlichen Arbeitsansatz wie wir und versucht, für einen neuen, modernen Radsport zu stehen.

Was soll das bedeuten?
Es heißt vor allem, ohne Doping zu fahren. Wir wollen die Lehren aus der Vergangenheit ziehen und Leute um uns scharen, die begriffen haben, dass der Radsport anders funktionieren muss, damit gerade in Deutschland Vertrauen zurückgewonnen werden kann.

Die UV-Behandlung von Kittels Blut am Olympiastützpunkt Erfurt passt nicht so ganz zum »modernen neuen Radsport«.
Marcel hat dazu ja schon oft Stellung genommen und die Sache aufgeklärt. Es war, soweit wir wissen, nichts, was die Leistung verbessert. Er hat es von seinem Arzt Dr. Franke verordnet bekommen und sich auch erkundigt, ob es eine verbotene Methode war. Das war es nicht. Aber klar, es ist merkwürdig, wenn so etwas an einem Olympiastützpunkt passiert.

Nach welchen Kriterien suchen Sie Ihre Rennfahrer aus?
Viele sind schon im Jugend- und Juniorenalter für uns gefahren. Aber wir gucken jetzt landesweit, haben Maximilian Schachmann geholt, einen vielversprechenden Fahrer. Inzwischen hat das »Thüringer Energie Team« einen guten Ruf, so dass die Leute zu uns kommen. Sie wissen, dass unsere Jungs miteinander leben und trainieren und sich auch als Gruppe weiterentwickeln. Rennfahrer wie Martin, Kittel und John Degenkolb geben uns dann Recht.

Was machen Sie genau?
Außer, dass alle am Ort zusammenleben, ist die berufliche Alternative für uns sehr wichtig. John und Tony sind ausgebildete Polizisten, Marcel hat an der Technischen Universität Ilmenau Wirtschaftsinformatik studiert. Im Altersbereich bis 23 Jahre sollte man eine solche Alternative schon haben, damit man nicht so leicht in Versuchung gerät, im Sport unsauber nachzuhelfen. Das ist zumindest unsere Philosophie. Auch die sportlichen Betreuer sollen ethisch für unseren Weg stehen.

Sie gehen also nicht den Weg der internen Kontrollen, sondern der Ethik?
Ja. Es gab Teams mit ausgefeilten internen Kontrollen, die dann doch Dopingfälle hatten. Wichtiger ist, den jungen Menschen aufzuzeigen, was Fairplay bedeutet, was ethische Werte sind. Die intelligenten unter ihnen, zu denen die drei gehören, reflektieren das.

Was ist von dem Trio bei dieser Tour noch zu erwarten?
Es gibt noch Sprintetappen für Marcel. Und John ist hochmotiviert, bei den Etappensiegen nachzuziehen. Die morgige Etappe nach Lyon könnte ihm liegen. Tony hat das zweite Zeitfahren vor sich. Aber dessen Profil ist schwieriger als das des ersten flachen. Da war Froome schon ganz nah dran.

Versucht Martin am Sonntag etwas Ähnliches wie 2009 auf dem Mont Ventoux. Da verpasste er den Etappensieg nur, weil er nicht wusste, wann die Ziellinie kam?
Ich weiß es nicht. Damals fuhr er nicht mit den Favoriten hoch, sondern in einer Ausreißergruppe. Aus einer solchen ist er immer für eine Überraschung gut.

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