Mit dem E-Bike zum Bus

In Mecklenburg-Vorpommern wird eine neue Idee für den Regionalverkehr getestet

  • Iris Leithold, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Überlandbusse sind zu lange unterwegs, wenn sie jedes Dorf links und rechts der Strecke anfahren. Eine Alternative wird in Mecklenburg-Vorpommern getestet: Man fährt mit einem Elektrofahrrad des ÖPNV zur Haltestelle. Bisher machen rund 300 Leute mit.

Wismar/Klütz/Anklam. Die Zukunft des Nahverkehrs auf dem Land ist für Teresa Seisselberg schon Wirklichkeit. Morgens öffnet die 23-Jährige in ihrem Heimatort Redewisch (Nordwestmecklenburg) mit einer weiß-grünen Plastikkarte eine Fahrradbox, holt ein E-Bike heraus und radelt los. An der Bushaltestelle in Klütz wechselt die Auszubildende das Fahrrad an der dortigen Box und fährt bis zu ihrem Arbeitsplatz, dem Gutshaus Stellshagen. »Toll«, lautet ihr Urteil. »Das ist auch was für junge Leute.«

Seisselberg könnte in Klütz auch in den Bus steigen - so ist es eigentlich gedacht: Mit dem E-Bike vom abgelegenen Dorf zur Bushaltestelle und auf dem Heimweg wieder damit zurück. Das wird derzeit in Mecklenburg-Vorpommern in einem Modellversuch mit dem Namen »Inmod - elektromobil auf dem Land« getestet. »Drei Busstrecken gibt es«, sagt Professor Udo Onnen-Weber von der Hochschule Wismar, der den Modellversuch leitet. Rund 300 Teilnehmer hätten sich bisher eine Karte geholt, 120 von ihnen nutzten das Elektrofahrrad zum Bus täglich.

Seit einem Jahr rollen die eigens für den Modellversuch angeschafften umweltfreundlichen Busse und Elektrofahrräder, erklärt Onnen-Weber. Eine der Teststrecken führt durch Klütz: Boltenhagen - Klütz - Priwall bei Lübeck. Eine weitere geht von Wismar nach Klein Strömkendorf an der Ostsee, mit dem E-Bike kann man noch weiter bis zum Ostseebad Rerik radeln. Die dritte Teststrecke führt von Anklam nach Heringsdorf auf Usedom. »Dort nutzen vor allem Beschäftigte im Tourismusgewerbe das Angebot«, sagt Onnen-Weber. Die Nachfrage sei unterschiedlich: Auf der Strecke im Landesosten übertreffe sie die Erwartungen, während die Verbindung Boltenhagen-Priwall schwächer genutzt werde als erhofft.

Insgesamt ist Onnen-Weber aber zufrieden. »Wir haben bisher kaum Werbung gemacht, dafür ist das ein tolles Ergebnis.« Wer einmal teilnehme, lasse sich auch von Wind und Wetter nicht abhalten. Auch Ältere nutzten das E-Bike. Manchmal gebe es schon böse Anrufe, weil gerade kein Elektrofahrrad verfügbar sei. »Aber das ist selten.«

Der Modellversuch läuft bis Ende 2014, Bund und Land lassen ihn sich rund 4,5 Millionen Euro kosten. Das Teuerste sei die Anschaffung der E-Bikes und der Busse, zwei Elektrobusse und ein Hybridbus, sagt Onnen-Weber. Sollte sich das Konzept durchsetzen, könnten die regionalen Busbetriebe aber erheblich sparen, meint der Professor: »Die Förderquote kann um bis zu 25 Prozent gesenkt werden.«

Ob E-Bike, Bürgerbus oder Vereinstaxi als Zubringer von den Ortschaften links und rechts der Hauptstrecke - Onnen-Weber ist überzeugt, dass der Busverkehr auf dem Land künftig nur dann attraktiv ist, wenn er die Menschen rasch von A nach B bringt. »Das schafft der Bus aber nicht, wenn er im Zick-Zack-Kurs alle Dörfer mitnimmt.« Um die sogenannte erste und letzte Meile (vom Dorf zur Haltestelle und zurück) anders als mit Bussen des Öffentlichen Personennahverkehrs abzusichern und zu finanzieren, müsste Onnen-Weber zufolge das entsprechende Bundesgesetz angepasst werden.

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