Merk gerät unter Beschuss

Landtagsopposition attackiert Bayerns Justizministerin im Fall Mollath

Nachdem Gustl Mollath aus der Psychiatrie entlassen wurde, hat er sich zurückgezogen. Der politische Schlagabtausch geht aber weiter.

Die Bilder, die Gustl Mollath nach seiner Entlassung aus dem Bayreuther Krankenhaus mit einem Blumentopf in den Händen zeigen, werden vorerst die letzten sein, die über ihn in den Medien kursieren. Untergekommen ist der 56-Jährige, der sieben Jahre gegen seinen Willen in der Psychiatrie festgehalten wurde, vorerst bei einem Schulfreund im Raum Nürnberg. Über den genauen Aufenthaltsort wollen Mitglieder aus seinem Unterstützerkreis jedoch keine Angaben machen. »Gustl Mollath will erst einmal Ruhe vor den Medien haben«, sagte Gerhard Dörner, einer von Mollaths Freunden, gegenüber der dpa.

Der politische Schlagabtausch um diesen Justizskandal geht aber auch ohne den Protagonisten weiter. Im Mittelpunkt der Kritik steht noch immer Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU). Mittlerweile fordern die bayerischen Oppositionsparteien offen ihren Rücktritt, weil sie die Brisanz des Falles Mollath erst viel zu spät erkannt habe. »Sie ist unfähig, untragbar und eine Zumutung für das bayerische Volk«, sagte SPD-Fraktionsvize Inge Aures am Mittwoch. »Erst legt sie die Hände in den Schoß, ist 20 Monate untätig - und will nun den Anschein erwecken, sie sei die Retterin von Herrn Mollath. Das ist billige Polemik.« Die Ministerin habe nur wegen des Drucks der Öffentlichkeit ihre Haltung gegenüber Mollath verändert, behauptet auch Florian Streibl von den Freien Wählern.

Martin Runge, der Fraktionschef der Grünen, hat nicht vergessen, dass Merk Mollath im Landtag und gegenüber der Öffentlichkeit immer wieder als »wahnkranken und gemeingefährlichen Gewalttäter dargestellt« habe. Der Ruf der bayerischen Justiz habe dadurch massiv Schaden genommen. Folglich hält er Merk als Ministerin nicht mehr haltbar.

Die Justizministerin selbst verteidigte gestern ihr spätes Handeln. Sie habe erst aktiv werden und ein neues Verfahren fordern können, als es einen tatsächlichen Wiederaufnahmegrund gegeben habe, erklärte sie im ZDF. Das sei erst letztes Jahr im November der Fall gewesen, bis dahin habe sie das rechtskräftige Urteil akzeptieren müssen. Einer Schuld ist sie sich nicht bewusst. »Ich habe die Möglichkeit genutzt, die ich hatte«, sagte sie.

Mollath wird vorgeworfen, seine frühere Ehefrau misshandelt zu haben. Er selbst bestreitet das. Das Strafverfahren soll nun nach Anordnung des Oberlandesgericht Nürnberg vom Dienstag wieder aufgerollt werden.

Derweil strebt Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) eine Reform der Zwangseinweisungen an. Solche weitreichenden Entscheidungen müssten künftig besser geprüft werden und nur noch auf gravierende Fälle beschränkt werden, heißt es in einem Eckpunktepapier.

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