Eine Drahteselei - doch von wem?

Im Nordosten zieht der Fall Backhaus Kreise

  • Lesedauer: 3 Min.
Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister Till Backhaus (SPD) muss nach einem Handgemenge mit einem Autofahrer mit einer formellen Untersuchung der Staatsanwaltschaft rechnen. Eine Schweriner Zeitung fragte am Donnerstag auf Seite 1 bereits: »Ist Backhaus noch tragbar?«

Schwerin (Agenturen/nd). Till Backhaus scheut vor nichts zurück. Ob hoch zu Ross bei der traditionellen Fuchsjagd, bei Treckerfahrten übers holprige Feld oder im politischen Disput um die Interessen ostdeutscher Bauern - Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister geht stets forsch zu Werke. Mitunter zu forsch und ungestüm, wie manch Wegbegleiter meint - und wie sich jetzt möglicherweise in einem ganz anderen Fall zeigen könnte. Die »Schweriner Volkszeitung« jedenfalls fragte am Donnerstag auf Seite 1 bereits: »Ist Backhaus noch tragbar?«

Bei einem Fahrradausflug mit der Familie soll sich Backhaus mit einem 69-jährigen Autofahrer angelegt haben. Nach Darstellung des Ministers war der am Sonntag in dem Örtchen Elmenhorst bei Rostock zu flott und zu knapp an ihm vorbeigefahren, als er mit seinem einjährigen Sohn im Anhänger mit dem Rad unterwegs war. Dass es zu Wortgefechten und schließlich auch zu einem Handgemenge kam, ist wohl unstreitig. Den Vorwurf aus der Strafanzeige des beteiligten Autofahrers, Backhaus habe ihn mit der Faust ins Gesicht geschlagen, weist der Minister aber entschieden zurück.

Nun liegen der Staatsanwaltschaft in Rostock zwei ausführliche Schilderungen zu ein und demselben Sachverhalt vor - mit teilweise konträren Aussagen. Beide sehen sich als Opfer und beklagen Verletzungen, die auch ärztlich dokumentiert worden seien. Über politische Folgen für Backhaus, der mit 15 Amtsjahren als Deutschlands dienstältester Minister gilt und zwischenzeitlich sogar Ambitionen auf das Amt des Ministerpräsidenten gehegt hatte, wird in Schwerin schon spekuliert.

Am Donnerstag nun kündigte die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen Backhaus an. Sie informierte Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider (SPD), da Backhaus für die SPD im Parlament sitzt und so unter dem Schutz parlamentarischer Immunität steht. Legt Bretschneider binnen 48 Stunden kein Veto ein, können die Untersuchungen beginnen. Einem Landtagssprecher zufolge ist nicht mit Widerspruch zu rechnen.

Wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Holger Schütt, sagte, könnten in dem Falle die Zeugenbefragungen kommende Woche beginnen. »Zunächst warten wir aber die Gutachten der Fachleute von der Dekra und von der Rechtsmedizin ab«, sagte Schütt. Zur Zeitdauer der Ermittlungen wollte er sich nicht festlegen. »Wir werden uns nicht treiben lassen. Es soll ja alles sauber aufgearbeitet werden«, erklärte er.

Der als populär, aber auch als leicht reizbar geltende Backhaus hatte sich nach dem Zusammenprall untersuchen lassen. Nach Angaben seines Anwalts fügte ihm der aus NRW stammende Cabrio-Besitzer blaue Flecken und eine Knieverletzung zu, als er versuchte davonzufahren. Backhaus› junge Ehefrau hatte die Polizei alarmiert. Seit Dienstag ist der Minister krankgeschrieben und außer Dienst. Das ist ungewöhnlich für den agilen 54-Jährigen. Selbst nach Knochenbrüchen, so nach einem Sturz vom Pferd, hatte er die Geschäfte weitergeführt.

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