Hauptsorge bezahlbare Mieten

Abgeordnetenhaus debattierte kontrovers Konzepte für Neubau und Wohnungspolitik

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.

In der Wohnungspolitik geht es um nichts weniger als den sozialen Zusammenhalt in der Stadt. Im laufenden Bundestagswahlkampf sind die Politiker in Berlin immer wieder mit den steigenden Mieten konfrontiert, eine der größten Sorgen der Berliner. Am Donnerstag war die Wohnungspolitik erneut Thema der Aktuellen Stunde im Abgeordnetenhaus.

SPD und CDU verbuchen für sich, seit Beginn der Koalition eine neue Wohnungspolitik eingeleitet zu haben. »Die Wohnungsgesellschaften werden das ehrgeizigste Neubauprogramm seit der Wiedervereinigung auflegen«, erklärte der Fraktionschef der SPD, Raed Saleh. Allein für den Neubau stünden 775 Millionen Euro, davon 175 Millionen Euro an Eigenkapital der städtischen Wohnungsgesellschaften, zur Verfügung. Auch der CDU-Fraktionschef Florian Graf sagte, die Mietenpolitik sei »absoluter Schwerpunkt« der Koalition. Gemeinsam brachten die rot-schwarzen Fraktionen Anträge zur Wohnungspolitik ins Abgeordnetenhaus ein, deren Inhalte Saleh und Graf bereits im Mai dieses Jahres angekündigt hatten. Zu dem rot-schwarzen Maßnahmenpaket zählen eine Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik, schnellerer Wohnungsneubau und die Verbesserung des Mieterschutzes. Das sei ein »schlüssiges Gesamtkonzept«, so Graf. Saleh sprach gar von einer »Metropolenpolitik mit Weitblick«.

Das sah die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Antje Kapek, freilich ganz anders. »Reine Wohnungsbaupolitik schafft noch keine Kieze und keine soziale Stadtpolitik«, kritisierte Kapek. Dafür würde Rot-Schwarz »Kleingärten und Grünflächen plattmachen«, mit dem Ergebnis, dass es am Ende »Luxuswohnungen« und »schicke Denkmäler« gebe, die sich die Senatskoalitionäre selber gesetzt hätten. Die Grünen fordern stattdessen eine soziale Wohnraumförderung, durch die großflächig bezahlbarer Wohnraum entsteht.

Auch die LINKE kritisierte die Pläne der Senatskoalition als »Luftnummer«. »Sie wollen die landeseigenen Wohnungsgesellschaften in eine gewaltige Neuverschuldung zwingen«, sagte der Fraktionschef der Sozialisten, Udo Wolf. Und: »Das baden die Mieterinnen und Mieter aus.« Sechs bis acht Euro Miete seien eben nicht normal, sagte Wolf mit Verweis auf Aussagen des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit und der SPD. Die LINKE forderte in ihrem Gesamtkonzept, dass bestehende Mieten nicht weiter steigen dürfen, wenn nicht auch die Qualität der Wohnungen steige. Außerdem soll es eine »aktive, intelligente« Förderung von Wohnungsneubau geben und einen »nichtprofitorientierten Wohnungssektor«.

Auffällig in der parlamentarischen Debatte war der vergleichsweise - von einigen Attacken abgesehen - rücksichtsvolle Umgang der Opposition mit Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD). Offenbar erkennen bei Müller auch Oppositionspolitiker an, dass er ein Umdenken in der Wohnungspolitik in Berlin eingeleitet hat.

Der Senator selbst legte am Donnerstag einen bärenstarken Auftritt im Abgeordnetenhaus hin: Er verwies eindrücklich darauf, dass die Durchschnittsmiete im Bestand in Berlin bei 5,54 Euro liege. »Im Bestand sind die Mieter geschützt«, betonte Müller. Bei Neuvermietungen müsse allerdings eine Kappungsgrenze auf Bundesebene eingeführt werden. Außerdem habe er in den vergangenen 18 Monaten ein Mietenbündnis mit den städtischen Gesellschaften geschmiedet, eine Kappungsgrenze von 15 Prozent eingeführt sowie ein Zweckentfremdungsverbot auf den Weg gebracht, so Müller. Und der Kündigungsschutz sei zudem auf zehn Jahre für ganz Berlin im Wohnungsverkaufsfall ausgeweitet worden. Müller verteidigte auch Neubauten wie am Rande des Tempelhofer Feldes: »Das ist Neubau für gutes und bezahlbares Wohnen.«

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