Kornblumen stehen unter Schutz

Etwa zehn Hektar werden im Landkreis Göttingen ackerwildkrautgerecht bewirtschaftet

  • Kai Böhne, Göttingen
  • Lesedauer: 3 Min.
Durch die Intensivierung der Landwirtschaft drohen viele Pflanzenarten auf den Äckern zu verschwinden. Deswegen unterstützt der Landkreis Göttingen seit einigen Jahren den Schutz von Ackerwildkräutern.

Fast jede zweite Ackerwildkrautart in Niedersachsen ist akut gefährdet. Venuskamm, Ackerraine, Kornblume, Acker-Rittersporn und Sommer-Adonisröschen waren in den 60er Jahren noch häufig auf bestellten Äckern zu sehen. Doch durch die Intensivierung der Landwirtschaft, besonders durch den Einsatz von Herbiziden und Kunstdünger, ist die Artenvielfalt auf den Äckern erheblich zurückgegangen. In Niedersachsen befinden sich laut Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) ein Drittel der etwa 300 Ackerwildkräuter auf der Roten Liste der gefährdeten Pflanzenarten.

Auch bundesweit ist ein Rückgang der Ackerwildkräuter zu beobachten. Die Abnahme der Artenvielfalt erstreckt sich nicht nur auf die Wildkräuter selbst, sondern gilt auch für viele Tierarten, die direkt oder indirekt die Ackerwildkräuter als Nahrungsquelle nutzen. Betroffen sind blütenbesuchende Insekten wie Wildbienen und Schmetterlinge oder indirekt insektenfressende Vögel wie das Rebhuhnküken, das eiweißreiche Insektenkost benötigt.

Ackerwildkräuter keimen später und langsamer als die Getreidesorten. Ackerwildkräuter sind Lichtkeimer. Das bedeutet, die Samen müssen an der Bodenoberfläche liegen, um keimen zu können. Es ist wichtig, dass der Boden mechanisch bearbeitet wird. Brachflächen sind den Ackerwildkräutern keine Hilfe. Das jährlich wiederkehrende Beackern des Bodens ist für den Erhalt der Wildkräuter bedeutsam und lebensnotwendig.

Der Göttinger Raum ist für Ackerwildkräuter in Niedersachsen von besonderer Bedeutung. Viele Arten haben hier ihren Verbreitungsschwerpunkt. Dabei sind insbesondere die flachgründigen, von Natur aus ertragsärmeren Kalksteinverwitterungsböden im Landkreis Göttingen für erfolgreiche Schutzmaßnahmen prädestiniert. Seit einigen Jahren unterstützt der Landkreis den Schutz von Ackerwildkräutern. Der Landschaftspflegeverband schließt Verträge mit den Landwirten ab, die sich zum Schutz der Kräuter verpflichten. Grundlegend für eine ackerwildkrautgerechte Bewirtschaftung ist der Verzicht auf den Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln.

Für die Verträge mit den Landwirten ist beim Landschaftspflegeverband Ute Grothey zuständig. »Der Schlüssel zum Erfolg ist der Vertragsnaturschutz mit den Landwirten vor Ort«, sagt sie. Ohne eine gute Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft ließen sich Ackerwildkräuter nicht schützen. Im Landkreis Göttingen würden laut Grothey von neun Landwirten auf 18 Ackerrandstreifen knapp zehn Hektar ackerwildkrautgerecht bewirtschaftet. Mit der Gesamtbilanz ist sie sehr zufrieden. Nach Aussagen von Reinhard Urner, Experte für Ackerwildkräuter, sind alle gefährdeten Arten, die auf Kalkäckern vorkommen, in mindestens einem der Vertragsäcker vertreten.

»Der wachsende wirtschaftliche Druck in der Landwirtschaft lässt keinen Platz mehr für die Beikräuter«, meint Reinhard Urner. »Durch ausgefeilte Unkrautbekämpfung sind die früher von blühenden Wildkräutern durchsetzten Ackerflächen heute nahezu frei von Begleitflora und -fauna.« Urner möchte die Kräutervielfalt auch für künftige Generationen erhalten. Deshalb will er sich auch weiterhin für den Schutz der Ackerwildkräuter engagieren.

Der Landkreis Göttingen stellt Gelder zu Verfügung. Mit diesen Mitteln wird der Verlust der Landwirte ausgeglichen, der sich durch die schonende Bewirtschaftung ergibt. Die Mittel, die der Landkreis einsetzt, stammen aus Ersatzgeldern, die etwa bei der Errichtung von Windrädern anfallen, um den Eingriff in die Natur an anderer Stelle auszugleichen.

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