Leeres Versprechen
Jörg Meyer über den Mindestlohn
Alles, was das schwarz-gelbe Bundeskabinett in seiner letzten Sitzung beschloss, musste unter dem Vorbehalt stehen, eine abschließendes Wahlkampfgeschenk vor dem Urnengang am Sonntag zu sein. So auch der Mindestlohn für die rund 11 000 Steinmetze und Steinbildhauer, den die Regierungsmitglieder auf eine Vorlage von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Mittwoch verabschiedeten.
Doch das stimmt nur bedingt. Die Ministerin hat einigen Branchen Mindeststandards verordnet - auch gegen den Willen von Arbeitgebern oder dem Koalitionspartner FDP. Voraussetzung ist stets ein entsprechender Tarifvertrag, auf den sich Arbeitgeber und Gewerkschaften im Vorfeld einigen mussten. Mit jedem neuen Mindestlohn konnte die Ministerin so zeigen: Die Tarifparteien schaffen das auch ohne die Politik und erst recht ohne eine flächendeckende gesetzliche Regelung.
Beispielsweise wurde die Forderung, das nötige Quorum für die Erklärung der Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen abzusenken, damit es in gewerkschaftlich schwach organisierten Branchen überhaupt Mindestlöhne geben kann, nicht umgesetzt. So ist der letzte in dieser Legislatur verabschiedete Branchenmindestlohn weniger ein Wahlkampfgeschenk als viel mehr ein Wahlversprechen der CDU an die Gegner des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohnes.
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