Ein bisschen verboten

Bei einer heute beginnenden Konferenz in Japan soll die Quecksilber-Konvention beschlossen werden

  • Marc Engelhardt
  • Lesedauer: 3 Min.
Vier Jahre lang wurde die Minamata-Konvention gegen Quecksilber ausgehandelt. Das Ergebnis, das diese Woche auf einer Konferenz in Japan beschlossen wird, ist ein Kompromiss. Die größten Emittenten kommen vorläufig ungeschoren davon.

Die Tagesordnung des Gipfeltreffens, das heute in Japan beginnt und am Freitag mit der Unterzeichnung eines völkerrechtlich verbindlichen Abkommens enden soll, ist übersichtlich: Gerade einmal acht Punkte sind angesetzt. Kein Wunder, denn die eigentliche Arbeit ist getan. Seit Februar 2009 wurde unter dem Mandat des UN-Umweltprogramms verhandelt. Im Januar 2013 einigten sich Unterhändler aus über 140 Staaten in Genf auf eine Konvention zur Eindämmung der Quecksilber-Emissionen. In der japanischen Stadt Minamata, Ort der wohl schlimmsten Quecksilberverseuchung in der Geschichte, wird das Ergebnis jetzt nur noch formell beschlossen, den Rest der Zeit feiern die Diplomaten ihren Erfolg. Die Konvention tritt in Kraft, sobald sie von 50 Staaten ratifiziert wurde.

Selbst Umweltschützer, die seit Jahrzehnten für ein Verbot von Quecksilber streiten, halten die Minamata-Konvention für einen guten Kompromiss - nicht weniger, aber auch nicht mehr. »Diese Konvention bringt keine sofortige Reduzierung von Quecksilber; sie muss verbessert und verstärkt werden«, urteilt etwa David Lennett, der einer Arbeitsgruppe von Nichtregierungsgruppen angehört, die sich die Forderung »Null Quecksilber« auf die Fahnen geschrieben hat. Von dieser Null ist man noch weit entfernt. Die Konvention sieht großzügige Übergangsfristen und Ausnahmen vor, obwohl die gesundheitlichen Gefahren von Quecksilber unbestritten sind.

So kann schon das Nervensystem ungeborener Babys im Bauch der Mutter durch Quecksilber dauerhaft beeinträchtigt werden. Auch Säuglinge und Kinder sind hochanfällig für die Auswirkungen des Schwermetalls, das bei Raumtemperatur flüssig ist und sich leicht in der Atmosphäre verteilt. Dort verweilt es über Jahrhunderte und dringt überall auf der Welt in den Nahrungskreislauf ein.

Zumindest aus den Haushalten soll Quecksilber verschwinden: In Batterien, Energiesparlampen, Thermometern, Seifen, Kosmetika und elektronischen Bauteilen wird das Schwermetall bis 2020 weltweit verboten sein. Zahnfüllungen aus Amalgam, in denen Quecksilber enthalten ist, sollen deutlich reduziert werden. Bis heute landen jährlich 340 Tonnen auf die eine oder andere Weise in Mündern. Immerhin ist der Druck auf die Industrie, auf das Schwermetall zu verzichten, hoch: Ab 2020 darf kein Quecksilber mehr gefördert werden. Wer es dann noch verwenden will, muss es recyceln. Der Preis, glauben Umweltschützer wie Bennett, wird dadurch steigen und die Alternativen begünstigen.

Die größten Quecksilberquellen aber geht die Konvention nicht an. Das hat vor allem China bewirkt, dessen Kohlekraftwerke für gut ein Drittel des globalen Ausstoßes verantwortlich sind. Vorläufig soll nur gemessen werden, wie viel Quecksilber ein Kraftwerk verlässt - und selbst dafür gibt es Übergangsfristen von bis zu zehn Jahren nach Inkrafttreten der Konvention, mit der erst in einigen Jahren zu rechnen ist. Ebenso offen bleibt die Kontrolle von Quecksilber, das von Goldsuchern zur Extraktion des Edelmetalls genutzt wird. Gut ein Viertel des Ausstoßes ist darauf zurückzuführen, vor allem in Afrika und Südamerika. Betroffene Länder sollen jetzt Strategien verabschieden, doch wie das in einigen der schwächsten Staaten der Welt gehen soll, ist unklar. Erst wenn der Ratifizierungsprozess vorbei ist, soll darüber im Detail gesprochen werden.

Damit überhaupt vorher gehandelt wird, haben die Schweiz, Norwegen und Japan je eine Million US-Dollar Anschubfinanzierung zugesagt. Mit ihr sollen alternative Projekte wie das von Mandal in der Mongolei finanziert werden. Goldsucher bringen das von ihnen geförderte Erz zu dieser Anlage, in der das Edelmetall mechanisch statt durch den Einsatz von Quecksilber von anderem Gestein getrennt wird. »Die Goldsucher sind zufrieden, weil sie genauso viel Gold aus dem Gestein gewinnen wie zuvor«, sagt Felix Hruschka, ein Ingenieur, der die aus Schweizer Entwicklungshilfe mitfinanzierte Anlage betreut. »Allein, es gibt nicht genug solcher Anlagen in der Mongolei.« Obwohl Quecksilber in dem asiatischen Land schon seit 2008 verboten ist, wird der jährliche Verbrauch auf elf Tonnen im Jahr geschätzt.

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