Immer mehr legen immer weniger zurück

Die Sparquote in Deutschland fällt - das Geldvermögen steigt

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.
Inflation und Niedrigzins - immer weniger Geld wird für Anschaffungen oder das Alter zurückgelegt. Doch es gibt Unterschiede.

Die Bundesbürger sparen weniger: Die Sparquote sank 2012 auf 10,3 Prozent. Gleichzeitig steigt das Geldvermögen in Deutschland auf ein Rekordhoch von über fünf Billionen Euro. Mit dieser Merkwürdigkeit wirft der heutige Weltspartag, er wurde 1924 von Sparkassen aus 29 Ländern beschlossen, ein Schlaglicht auf den Zustand unserer Gesellschaft.

»Die Ersparnisbildung der Bundesbürger liegt mit plus 1,7 Prozent relativ gesehen hinter dem Einkommenszuwachs zurück«, sagte der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), Georg Fahrenschon, auf einer Pressekonferenz in Berlin. »Konkret bedeutet das einen weiteren Rückgang der Sparquote.« Der CSU-Politiker beklagt »deutliche Veränderungen im Sparverhalten«.

Damit setzt sich ein Trend fort, der seit dem Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise in der ganzen EU zu beobachten ist. Von 100 Euro Nettoeinkommen werden in Deutschland nur noch 10,30 Euro zurückgelegt - 2008 waren es noch 11,50 Euro. Damit nähert sich die Sparquote der Zehnprozentmarke. Diesen Anteil des Einkommens sollte man aber laut Expertenmeinung allein für die private Altersvorsorge zurücklegen, um Altersarmut vorzubeugen. Seit der Jahrtausendwende war die Sparquote fortdauernd angestiegen - der Trend wurde erst durch die Krise gestoppt.

Jene und die dadurch gestiegenen Unsicherheiten sorgten zunächst noch für einen kurzen Anstieg der Sparneigung. Die Abwrackprämie markierte den Zwischenstopp: Viele kauften lieber einen staatlich geförderten Neuwagen als Geld auf die hohe Kante zu legen. Einen weiteren Dämpfer erhielt die Sparneigung durch die Anti-Krisen-Politik der Europäischen Zentralbank: Die Zinsen liegen unter der realen und erst recht der »gefühlten« Inflationsrate. Dämpfend wirkten auch niedrige Lohnabschlüsse in der Wirtschaft, der Trend zu prekären Arbeitsverhältnissen und die nach wie vor hohe Arbeitslosigkeit.

So zieht sich im Sparverhalten ein Riss durch Deutschland: 57 Prozent beschreiben ihre finanziellen Lebensumstände in einer Sparkassenumfrage als »gut« oder »sehr gut«. Das ist im langfristigen Vergleich ein hoher Wert. Anderseits ergab eine Umfrage der Postbank, dass im Vergleich zu 2011 drastisch weniger Menschen Finanzrücklagen bilden können: Waren damals 17 Prozent nicht in der Lage zu sparen, sind es aktuell rund 22 Prozent.

Gleichzeitig meldet die Bundesbank: So reich waren »die Deutschen« noch nie. Trotz Krise haben die Bundesbürger ihr Geldvermögen vermehrt. Insgesamt liegen in Form von Bargeld, Wertpapieren und Bankeinlagen mehr als fünf Billionen Euro auf der hohen Kante, teilte die Bundesbank am Montag mit.

Doch das Geld ist nicht gleichmäßig verteilt, wie sich beim Blick in die Wohnzimmer zeigt: Einerseits ist, was vor 50 Jahren noch kostbarer Luxus war, inzwischen für die meisten Haushalte zum Standard geworden. Anderseits zeigt ein Vergleich der Haushaltsausstattung, dass bereits bei den vier »klassischen« Ausstattungsgegenständen - Telefon, Kühlschrank, Fernseher und Waschmaschine - ein Unterschied von zehn Prozentpunkten zwischen Hauseigentümern und Mietern besteht: Erstere verfügen zu 96 Prozent über alle Geräte, von letzteren sind nur 86 Prozent damit ausgestattet. Laut Statistischem Bundesamt vergrößert sich dieser Abstand auf 32 Prozentpunkte, wenn man den Faktor Auto hinzunimmt. Und noch eine Kluft zeigt der Weltspartag: Das Sparguthaben der Menschen in den östlichen Bundesländern beträgt mit Pro-Kopf-Einlagen zwischen 10 000 und 13 000 Euro nur rund die Hälfte der westlichen Guthaben.

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