Dieser Text ist Teil des nd-Archivs seit 1946.

Um die Inhalte, die in den Jahrgängen bis 2001 als gedrucktes Papier vorliegen, in eine digitalisierte Fassung zu übertragen, wurde eine automatische Text- und Layouterkennung eingesetzt. Je älter das Original, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass der automatische Erkennvorgang bei einzelnen Wörtern oder Absätzen auf Probleme stößt.

Es kann also vereinzelt vorkommen, dass Texte fehlerhaft sind.

Mehr Grün in Leipzigs Höfe Wohnungsnrma saniert sozial und ökologisch Von Andreas Fritsche

  • Lesedauer: 2 Min.

Als »Miethai« kann sich der 32-jähringe Christian Rabe von der Leipziger Wohnungsvermietungsgesellschaft H. & W. Rabe bei seinem nach eigenen Auskünften relativ geringem Arbeitsentgelt nicht sehen. Einen »Vermögensmillionär« nennt er sich nur, wenn er sich Mut machen will. Denn Käufer für die elf im Besitz des kleinen Familienunternehmens befindlichen Häuser würden sich derzeit auf dem überfrachteten Leipziger Immobilienmarkt kaum finden lassen.

Aber an Verkaufen denkt auch niemand bei den Rabes, die eine Dynastie von Bauingenieuren sind. 1929 baute der Großvater die Gebäude, deren Fassaden heute teilweise unter Denkmalschutz stehen. Inzwischen sind sie nicht nur sanierungsreif, sondern auch genau richtig für das Konzept der behutsamen sozialen und ökologischen Erneuerung, das die Firma seit anderthalb Jahren verfolgt. In so alte Häuser sind keine Plastikfenster und keine formaldehydhaltigen Spanplatten eingebaut. Das soll auch so bleiben. Wann Rabe ökologisches Denken entwickelt hat, kann er heute nicht mehr genau sagen. Jedenfalls schon in der DDR und vor seinem Studium in Leipzig und Hannover. Leicht gemacht hat ihm dieses Denken seine Arbeit nicht in jeder Hinsicht. Die Deutsche Bank etwa machte ihre Unter Stützung für eine Modernisierung von geplanten Pkw-Stellplätzen abhängig. Firma Rabe verzichtete, entsiegelte und begrünte lieber einen Teil eines gepflasterten Hofes. Kredite nimmt sie jetzt nur noch von Mietern an.

Das Stichwort lautet »Mietermodernisierung«. Die Bewohner bringen Baukostenzuschüsse in Form zinsgünstiger Dar leheh oder ihre Arbeitskraft ein. Letztere ist beispielsweise beim Neuanstrich von Türen oder beim Aufarbeiten alter Holzfußböden gefragt. Die Vorteile erklärt Christian Rabe mit relativ niedrigen Mieten und einer Mitsprache bei der Gestaltung der Wohnung. Der Quadratmeter preis liege zur Zeit im Schnitt bei 6,36 Mark. Eine Familie habe sogar den Wohnungsquerschnitt nach ihren individuellen Bedürfnissen legen lassen. Durch dieses Vorgehen wird ökologisches Wohnen laut Rabe auch in einer Region der Massenarbeitslosigkeit bezahlbar. Gleichzeitig werde das Oben-Unten-Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter aufgeweicht.

Stunden- manchmal tagelange Vor-Ort- Gespräche mit potenziellen Mietern gewährleisten, dass diese ihr mögliches neues Wohnumfeld genau kennenlernen, so Rabe. Dadurch ziehen meist nur Menschen zusammen in ein Haus, die auch zueinander passen, meint der Bauingenieur. Deshalb gebe es hier noch intakte Hausgemeinschaften, wie sie einst für die DDR typisch waren. Der Begriff vom »betreuten Wohnen« gewinne so eine neue Bedeutung. Etwa indem die Kinder der Nachbarn gehütet oder nach der kranken alten Dame von nebenan geschaut werde. »Zeiten, in denen man mit Geld alles, ohne Geld nichts ist, verlangen andere Formen des Miteinanderlebens und -arbeitens«, heißt es im Konzept der Firma.

- Anzeige -

Wir sind käuflich. Aber nur für unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen aufgreifen
→ marginalisierten Stimmen Raum geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten voranbringen

Mit »Freiwillig zahlen« machen Sie mit. Sie tragen dazu bei, dass diese Zeitung eine Zukunft hat. Damit nd.bleibt.