Wann und in welchem Umfang ist Nebentätigkeit zulässig? Teil 1

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Immer mehr Arbeitnehmer suchen zusätzlich zu ihrer Hauptbeschäftigung eine Nebentätigkeit, um ihr Einkommen aufzubessern. Dabei entstehende arbeitsrechtliche Fragen beantwortet der folgende Beitrag.

Darf ich, obwohl ich vollbeschäftigt bin, eine Nebentätigkeit aufnehmen und gibt es dafür eine zeitliche Begrenzung?
Grundsätzlich darf ein Arbeitnehmer eine Nebentätigkeit ausüben, die sich zeitlich mit seiner Tätigkeit im bestehenden Arbeitsverhältnis nicht überschneidet. Das ergibt sich aus der Tatsache, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die Arbeitsleistung nur in der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit schuldet. Darüber hinaus darf er über seine freie Zeit selbst verfügen.
Zulässig ist eine Nebentätigkeit allerdings nur im Rahmen der gesetzlichen Arbeitszeit. Durch die Haupt- und Nebentätigkeit darf die im Arbeitszeitgesetz vorgeschriebene Höchstarbeitszeit nicht überschritten werden. Sie beträgt 48 Wochenarbeitsstunden bzw. 10 Stunden am Tag. Da jedoch die tariflich vereinbarte Arbeitszeit in der Regel unter der gesetzlichen Arbeitszeit liegt, schließt die im Hauptarbeitsverhältnis zu leistende Arbeitszeit eine Nebentätigkeit auch bei Vollbeschäftigung nicht aus.
Arbeitet der Arbeitnehmer z. B. im Hauptarbeitsverhältnis 40 Wochenarbeitsstunden, so kann die Nebentätigkeit wöchentlich 8 Stunden betragen.

Muss ich den Arbeitgeber über eine Nebentätigkeit informieren und ist dieser berechtigt, mir eine solche Tätigkeit zu verbieten?
Grundsätzlich darf der Arbeitnehmer auch ohne Information des Arbeitgebers eine Nebentätigkeit ausüben. Dennoch kann ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers daran bestehen zu erfahren, ob der Arbeitnehmer neben der Erfüllung seiner Aufgaben aus dem Arbeitsverhältnis noch eine weitere Tätigkeit ausübt und worin diese Tätigkeit besteht. Daher wird der Arbeitnehmer oft im Arbeitsvertrag verpflichtet, dem Arbeitgeber die Aufnahme einer Nebentätigkeit anzuzeigen.
Das Recht, vom Arbeitnehmer eine solche Anzeigepflicht einzufordern, muss dem Arbeitgeber zugestanden werden. Unzulässig ist hingegen eine im Arbeitsvertrag festgeschriebene Genehmigungspflicht für die Aufnahme einer Nebentätigkeit. Auch ein im Arbeitsvertrag festgelegtes »Nebentätigkeitsverbot« ist mit den Bestimmungen des Vertragsrechts nicht vereinbar.

Darf der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag festschreiben, dass die Ausübung einer Nebentätigkeit unzulässig ist, wenn sie gegen die berechtigten Interessen des Arbeitgebers verstößt? Das kann doch immer behauptet werden.
In bestimmten Ausnahmefällen kann eine Nebentätigkeit des Arbeitnehmers seinen Pflichten aus dem Hauptarbeitsverhältnis widersprechen und daher auch gegen berechtigte Interessen des Arbeitgebers verstoßen. Dabei handelt es sich insbesondere um eine Beeinträchtigung der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers infolge einer Nebentätigkeit.
Nebentätigkeiten können das Arbeitsverhältnis nachteilig berühren, wenn sie zu einer übermäßigen Doppelbelastung des Arbeitnehmers führen und sich dadurch negativ auf seine Leistungen im Arbeitsprozess auswirken.
So könnte z. B. eine Nebentätigkeit in den Nachtstunden die Arbeitskraft des Arbeitnehmers überfordern. Eine erhebliche Beeinträchtigung der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers liegt immer dann vor, wenn es durch die Nebentätigkeit zu Fehl-, Schlecht- oder unzureichenden Leistungen kommt.
Liegt die Gefahr einer solchen Überbelastung des Arbeitnehmers vor, hat der Arbeitgeber das Recht, eine solche Nebentätigkeit zu untersagen, da sie zu einer Verletzung der Arbeitspflichten des Mitarbeiters führt.
Im Streitfall liegt die Nachweispflicht beim Arbeitgeber.

In meinem Arbeitsvertrag ist die Formulierung enthalten, dass eine Nebentätigkeit nicht zulässig ist, wenn sie gegen das gesetzlich geregelte Konkurrenzverbot verstößt. Was ist darunter zu verstehen?
Für die Dauer des Arbeitsverhältnisses ist dem Arbeitnehmer jede Tätigkeit verboten, die für seinen Arbeitgeber Konkurrenz bedeutet, also zum Nachteil für den Arbeitgeber führt. Das gilt auch für eine Nebentätigkeit, die direkt oder indirekt das materielle Interesse des Arbeitgebers beeinträchtigt.
Das gilt insbesondere für Fälle, in denen der Arbeitnehmer auf Grund seiner Informationen und Kenntnisse aus dem Arbeitsverhältnis im Nebenjob Arbeitsaufträge ausführt, die der Arbeitgeber sonst erhalten hätte. Gleiches gilt für die Vermittlung von Geschäften oder die Kundenwerbung für Konkurrenzunternehmen des Arbeitgebers. Das Verbot einer solchen Nebentätigkeit im Arbeitsvertrag ist daher zulässig.
(wird fortgesetzt)
Dr. PETER RAINER

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