Polly Peachum liebt Macheath
Die «Bettleroper» wird ab heute in Spandau aufgeführt
Von Lucie Walter
302 Jahre, nachdem der Berliner Johann Christoph Pepusch aus der Drangsal damaliger preußischer Hofkapellen-Dienste floh, kommt er in seiner Heimatstadt zu Ehren: Ab heute wird seine «Bettleroper», zu der John Gay den Text geschrieben hat, 22-mal aufgeführt. Die Bühnenversion hat sich ganz an das Original gehalten.
Bekanntlich war sie für Bertolt Brecht und Kurt Weill Ausgangspunkt der «Dreigroschenoper». Schon bei Gay/Pepusch gehen Polly Peachum und Lucy, hier Tochter des Gefängnisdirektors, aufeinander los, beide mit Macheath ehever bandelt. Und der Bandenchef hält es gleichzeitig mit einer Jenny vom horizontalen Gewerbe. Der journalistische Proben-Zaungast erlebte das alles schon recht handfest. Auch die zwei Räuber, die sich gegenseitig aufs Kreuz legen - aber nur, um sich für die nächsten Überfälle fit zu halten.
Schon hier - Brecht brauchte das Thema nur sozialkritisch auszubauen - singen beide: «Sie sind die wahren Räuber» - die Reichen, weil sie viel mehr haben, als sie persönlich benötigen. Der Titel des Stücks kam zustande, um zu zeigen: Hier wird Oper für die Bettelarmen gespielt.
Es geht deftig zu: Regisseurin Leonore Haberkorn leistet ganze Arbeit, zusammen mit den musikalisch Verantwortlichen Carsten Albrecht und Richard Anderson (der US-Amerikaner hat lange in England gelebt). Beide werden selbst am Cembalo mitwirken. Die Schauspieltruppe setzt sich aus professionellen Sängern und Schauspielern zusammen. Initiiert wurde die Oper von dem Kammerchor «Kantiamo» in Zusammenarbeit mit dem «Kulturhaus Spandau». Um die Preise möglichst niedrig zu halten und die Produktion überhaupt möglich zu machen, hat die Soziale Künstlerförderung 200 000 Mark bereitgestellt. In den kommenden Wochen muss nur noch das Wetter mitspielen.
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