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Häftling 33527

  • Andreas Herbst
  • Lesedauer: 2 Min.

Wenn ein «Aufstand der Anständigen» heute wieder so dringend vonnöten ist, dann ist es auch wichtiger denn je, ehemalige antifaschistische Widerstandskämpfer anzuhören. Zum Beispiel Wolfgang Szepansky. Der 1910 in Berlin-Wedding in einer Arbeiterfamilie Geborene hat einiges zu erzählen. Im Berliner Trafo Verlag kam jüngst seine Autobiografie neu heraus.

Bescheiden und aufrichtig schildert der 1996 mit dem Bundesverdienstkreuz Geehrte seinen Weg in die KPD sowie sein Engagement in der Arbeitertheaterbewegung. Wenige Monate nach dem Machtantritt der Nazis in Deutschland, im August 1933, fiel er während einer antifaschistischen Aktion in die Hände der Gestapo. Verhöre und Folter in deren Zentrale in der Berliner Prinz-Albrecht- Straße folgten. Da aus ihm keine Geständnisse zu erpressen waren, wurde er entlassen, sollte aber kurz darauf angeklagt werden wegen «Fortführung des verbotenen Rotfrontkämpferbundes». Er entzog sich neuerlicher Verhaftung und sicherer Verurteilung durch Flucht in die Nieder lande.

In Amsterdam lernte er seine erste Frau Henriette, eine holländische Jüdin, kennen; Sohn Robert wurde 1938 geboren. Szepansky schlug sich als Maler und Gelegenheitsarbeiter durch und fand Anschluss an die dortige KPD-Gruppe. Seine Schwester Luise, älteren ND-Lesern als Autorin von Büchern über deutsche Antifaschisten unter dem Namen Luise Kraushaar bekannt, musste ebenso wie ihr Bruder emigrieren; sie kämpfte später in den Reihen der französischen Resistance. Wolfgang Szepansky fiel währenddessen, im Gefolge des Überfalls der Wehrmacht auf die westeuropäischen Länder, erneut in Gestapo-Hände. Erschütternd sind seine Erinnerungen an das Leiden und Ster ben im KZ Sachsenhausen. Einige von ihm damals gefertigte Kohlezeichnungen und Linoldrucke sind im Buch abgedruckt. Auf «Todesmarsch» erlebte er bei Crivitz in Mecklenburg im April 1945 die Befreiung.

In Nachkriegsdeutschland wurde Szepansky ein zweites Mal Opfer - diesmal des Kalten Krieges. Der Neulehrer und Kommunist wird fristlos gekündigt. Gegen das Berufsverbot legt er Berufung ein - und erkämpft einen Vergleich, den übrigens seitens der Tempelhofer Schulbehörde jener Schuldirektor unterzeichnet, der 1942 der Tochter des ermordeten KPD-Reichstagsabgeordneten Konrad Blenkle den Besuch der Handelsober schule für Mädchen verwehrt hatte.

Wolfgang Szepansky: Dennoch ging ich diesen Weg. Trafo Verlag, Berlin 2000. 278 S., br., 34,80 DM.

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