Taifun »Haiyan«: 12.000 Tote befürchtet

Viele Gegenden noch ohne Kontakt zur Außenwelt / Bis zu vier Millionen Betroffene

  • Lesedauer: 3 Min.

Manila. Durch den Taifun »Haiyan« sind auf den Philippinen vermutlich rund 12.000 Menschen ums Leben gekommen. Alleine für die Provinz Leyte mit ihrer Hauptstadt Tacloban gab die Polizei eine vorläufige Bilanz von 10.000 Todesopfern an. Auf der Insel Samar wurden nach einer vorläufigen Bilanz vom Sonntag 300 Tote gezählt und rund 2000 Menschen vermisst.

Not und Verzweiflung nach der verheerenden Zerstörung haben die verwüstete Stadt Tacloban nach Angaben eines Politikers ins Chaos gestürzt. »Es ist chaotisch in Tacloban«, sagte Roger Marcado, Gouverneur der Nachbarprovinz Southern Leyte, am Sonntag im Fernsehen. »Haiyan«, einer der schwersten Tropenstürme aller Zeiten, war am Freitag mit voller Wucht auf die ostphilippinischen Inseln Leyte und Samar getroffen.

In den betroffenen Küstengebieten waren ganze Dörfer überschwemmt, viele Gegenden waren ohne Kontakt zur Außenwelt. Die philippinische Rotkreuz-Chefin Pang sagte, ihre Organisation könne die Opferzahl nur schätzen, die genaue Zahl könnten nur die Behörden feststellen. Mehr als 500 Leichen seien bereits am Flughafen von Tacloban eingetroffen, sagte er unter Berufung auf Angaben von Behörden vor Ort.

»Geschäfte werden geplündert und die Menschen versuchen sogar, Geldautomaten zu knacken«, berichtete der Gouverneur. Die Polizei von Manila schickte nach Angaben eines Sprechers Verstärkung. Die Lage in der Stadt und vor allem in entlegeneren Regionen des Katastrophengebietes ist dramatisch. Zwei Tage nach dem Durchzug eines der gewaltigsten Taifune, die je Land erreicht haben, warten noch immer Hunderttausende dringend auf Hilfe. Präsident Benigno Aquino flog ins Katastrophengebiet und kritisierte nach Angaben von Lokalmedien, dass trotz Vorwarnungen nicht bessere Vorbereitungen zum Schutz der Menschen getroffen worden waren.

Laut Regierung waren vier Millionen Menschen in 36 Provinzen betroffen. In vielen Gebieten war die Kommunikation mit der Außenwelt unterbrochen, weil Strom- und Telefonleitungen zerstört wurden. Nach Angaben der Behörden wurden große Gebiete durch eine von »Haiyan« ausgelöste Sturmflut komplett überschwemmt. »Stellen Sie sich einen Abschnitt von einem Kilometer Breite vom Ufer aus vor, alle Hütten, einfach alles ist zerstört«, sagte Innenminister Mar Roxas nach einem Besuch von Küstenorten auf Leyte.

Die Notversorgung rollt nur schleppend an, weil Flughäfen, Häfen und Straßen schwer beschädigt sind. Es gibt weder Trinkwasser noch Essen. Wie Fotos aus der Stadt zeigen, leben viele Menschen inmitten von Trümmerbergen, so weit das Auge reicht. Es regnet immer wieder heftig. Familien mit kleinen Kindern kauern unter Plastikplanen, um sich zu schützen. Entlang der Straße liegen zahlreiche Leichen, notdürftig mit Planen abgedeckt. Angehörige waren nicht in Sicht.

Der Taifun »Haiyan« schwächte sich über Nacht auf dem Weg nach Vietnam ab und änderte den Kurs. Er sollte im Laufe des Tages weiter nördlich als erwartet an Land treffen, vermutlich als tropischer Sturm, berichtete das Rote Kreuz. Dort sind wegen des Taifuns 600.000 Menschen in Sicherheit gebracht worden. Rund 175.000 Haushalte seien vorsorglich geräumt worden, hieß es in einer Zwischenbilanz des vietnamesischen Ministeriums für Flut- und Sturmkontrolle vom Sonntag.

Die Evakuierung von rund 600.000 Menschen ist eine der größten derartigen Aktionen, die es in Vietnam jemals gegeben hat. Der Taifun soll nach den jüngsten Berechnungen am Montag die vietnamesische Küste erreichen, einen Tag später als ursprünglich angenommen. Zudem wird inzwischen damit gerechnet, dass die maximale Geschwindigkeit der Windböen 74 Stundenkilometer beträgt, während in den Philippinen Werte von mehr als 300 Stundenkilometern gemessen wurden. Agenturen/nd

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