Schönfärberei statt harter Fakten zum Osten
Bundesregierung stellte Bericht zum Stand der deutschen Einheit vor
Berlin. Die Landschaften im Osten blühten sichtbar, »selbst im Winter«, meinte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) am Mittwoch unter Bezug auf den früheren Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU), der einst »blühende Landschaften« in Ostdeutschland versprochen hatte. Anlass war der am gleichen Tag von der geschäftsführenden Bundesregierung beschlossene und der Öffentlichkeit vorgestellte Bericht zum Stand der deutschen Einheit, der jedes Jahr aktualisiert wird. Bei einem oberflächlichen Blick auf den Bericht kann man zum selben Schluss wie Friedrich gelangen. Die Wirtschaft wächst, der Wohlstand steigt, die Lebenserwartung erhöht sich, die Abwanderung sinkt drastisch, nur der Altersdurchschnitt steigt besorgniserregend. Insgesamt eine optimistisch stimmende Bilanz.
Jedoch bleibt diese nicht unwidersprochen. Wie schon seit Jahren weisen Fachleute und Politiker vor allem des Ostens auf Fehlinterpretationen und real alarmierende Zustände hin. »Passivität und Schönfärberei« kennzeichnet nach Ansicht von Dietmar Bartsch, Fraktionsvize der LINKEN im Bundestag, die Ost-West-Vereinigungspolitik der Bundesregierung. In einer Erklärung wirft Bartsch dieser vor, die Bilanz schöne »auch 2013 einerseits die Lage in den neuen Bundesländern und blendet andererseits positive Erfahrungen, die im Osten gesammelt wurden und werden, weitgehend aus«. »Die neuen Länder als Ziehkinder zu betrachten, ist nicht zeitgemäß und schon gar nicht zukunftsorientiert.« Wolfgang Tiefensee, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag und einst selbst Ost-Beauftragter der Bundesregierung, kritisierte in der »Berliner Zeitung«, »die Lyrik des Berichts entspricht nicht immer den harten Fakten«. Schönfärberei helfe aber niemandem weiter, so Tiefensee, der von 2005 bis 2009 als Beauftragter unter Kanzlerin Angela Merkel ganz ähnlichen Vorwürfen ausgesetzt war. nd Seiten 4 und 5
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