Loopings über Terminal 3

Hessens Grüne werden Regierungspartei - was bleibt von ihren Forderungen zum Fraport?

  • Isabell Scheuplein, Wiesbaden
  • Lesedauer: 3 Min.
Weniger Fluglärm versprechen CDU und Grüne in Hessen. Wie die neue Regierungskoalition das erreichen will, ist jedoch unklar. Sicher ist dafür, dass sich die Koalition auf Proteste einstellen muss.

Sechs Stunden Lärmpause stehen den Anwohnern des Frankfurter Flughafens laut dem derzeit geltenden Nachtflugverbot zu. Zu wenig für viele von ihnen: »Es muss leiser werden«, sagt Thomas Scheffler vom Bündnis der Bürgerinitiativen, das sich unter anderem für einen Ausbaustopp am größten deutschen Flughafens einsetzt. Und für ein Nachtflugverbot, das nicht von 23 bis 5 Uhr, sondern von 22 bis 6 Uhr gelten soll.

Genau mit diesen Forderungen waren die hessischen Grünen in den Wahlkampf gezogen. Anders als die Linkspartei akzeptieren die Grünen zwar, dass die Nordwest-Landebahn in Betrieb bleibt. Dort landen die Jets seit Oktober 2011, was die Proteste im Rhein-Main-Gebiet erst richtig in Fahrt gebracht hat. Doch das Nachtflugverbot solle ausgeweitet und das geplante dritte Terminal nicht gebaut werden, hieß es im grünen Wahlprogramm.

Derzeit arbeiten Hessens Grüne mit der CDU einen Koalitionsvertrag aus. Hauptknackpunkt ist der Flughafen, denn bei diesem Thema lagen beide Seiten in der Vergangenheit besonders weit auseinander. Der Union war bisher wichtig, den Flughafen nicht in seiner Entfaltung zu stören. Der Frankfurter Flughafen ist nach Angaben der Betreibergesellschaft Fraport mit seinen 78 000 Beschäftigten die größte Arbeitsstelle in Deutschland.

Laut dem bisher erzielten schwarz-grünen Kompromiss könnte es Lärmpausen über die bisherigen sechs Stunden hinaus geben, indem Bahnen abwechselnd genutzt werden. Der Betreiber Fraport könnte aufgefordert werden, den Bau von Terminal 3 noch einmal daraufhin zu überprüfen, ob er wirtschaftlich wirklich angezeigt ist. Auch neue Lärmobergrenzen sind angedacht.

Den Ausbau-Gegnern ist das zu wenig. Scheffler nennt die Vorschläge diffus. Bahnen abwechselnd zu benutzen, verlagere den Lärm nur und reduziere ihn nicht. Und wenn Fraport selbst über Terminal 3 entscheide, sei klar, dass wirtschaftliche Interessen den Ausschlag gäben.

»Man wünscht sich immer mehr«, sagt der Grünen-Landtagsabgeordnete Frank Kaufmann, seit Jahren ein Vorkämpfer für weniger Fluglärm. Doch nun heiße es, Kompromisse zu finden, die sowohl für die Grünen als auch für die CDU tragbar seien. Klar sei, dass der Lärm nicht so bleiben könne, wie er ist. Wenn Schwarz-Grün sich einige, werde es besser, verspricht er. Flughafen-Betreiber Fraport gibt sich zurückhaltend und will sich nicht äußern, solange noch keine Einigung der neuen Koalition auf dem Tisch liegt. Das Unternehmen sei aber grundsätzlich offen für Vorschläge, sagt ein Sprecher. Gleiches erklärt die Deutsche Flugsicherung und verweist darauf, schon jetzt würden Bahnen zum Teil abwechselnd genutzt, morgens bei Abflügen mit dem sogenannten Drops-Verfahren (Abkürzung für »Dedicated Runway Operations«, Bevorzugte Bahnnutzung). Gegenwind kommt von der Pilotenvereinigung Cockpit: »Der für ganz Deutschland wichtige Wirtschaftsmotor Flughafen Frankfurt stottert aufgrund der bestehenden Betriebsbeschränkungen schon jetzt«, sagt Cockpit-Präsident Ilja Schulz. Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) wolle um der Regierung mit den Grünen willen den deutschen Luftverkehr schwächen. Damit wären Arbeitsplätze bedroht. Auch die hessischen Unternehmen erinnerten bereits an die Bedeutung des Flughafens für die Region.

Die Bürgerinitiativen wollen ihren Protest jedenfalls aufrechterhalten und weiter jeden Montag lautstark im Flughafen demonstrieren, sagt Bündnis-Sprecher Scheffler. Kommende Woche gehen die Demonstrationen in ihre 81. Runde. dpa/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal