Kurzzeithilfe für Senioren

Mecklenburg-Vorpommern will altersgerechtes Wohnen fördern - aber zunächst nur bis 2015

  • Lesedauer: 2 Min.
Dritter Stock ohne Lift - das geht für Senioren irgendwann nicht mehr. Die Wohnungsgesellschaften wollen investieren. Bund und Land geben Gelder in Millionenhöhe, manch Einem reicht das trotzdem nicht.

Göhren-Lebbin. Die Wohnungen in Mecklenburg-Vorpommern sollen altersgerechter werden und Wohngebiete mehr Begegnungsstätten erhalten. Dafür sollen in den nächsten Jahren rund 70 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden, wenn die EU zustimmt, sagte der Staatssekretär im Schweriner Bauministerium, Stefan Rudolph, am Mittwoch in Göhren-Lebbin (Kreis Mecklenburgische Seenplatte) vor rund 120 Vertretern norddeutscher Wohnungsunternehmen. Allein in den Einbau von Aufzügen sollen laut Haushaltentwurf 2014/2015 zehn Millionen Euro als Zuschüsse fließen.

Das reicht den Wohnungsgesellschaften allerdings nach eigenen Angaben nicht. Sie fordern mehr Unterstützung und am besten Landeszuschüsse sogar bis 2021. Auch die wohnungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Schweriner Landtag, Regine Lück, verlangte eine Verdoppelung der bisher geplanten Wohnraumförderung von rund elf Millionen Euro auf mehr als 20 Millionen Euro im Jahr.

Caffier betont Eigenverantwortung

Senioren sind nach Ansicht von Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) stets mitverantwortlich für ihre eigene Sicherheit. »Eigenverantwortung ist eine Form von Zivilcourage«, sagte er dieser Tage in Schwerin auf dem diesjährigen Landespräventionstag. Viele Ältere würden sich nur auf den Schutz durch Polizei, Ordnungsbehörden, Justiz und Politik verlassen. Doch die Sicherheit der Bürger könne nicht allein der Staat garantieren, erklärte der Minister.

So müssten vor allem Senioren ihre Wohnung mit geeigneter Technik schützen und dürften nicht leichtfertig im Internet oder am Telefon persönliche Daten preisgeben. Diverse Ideen zu Bürgerwehren indes halte er für »bedenklich«, betonte Caffier. Die alternde Gesellschaft stelle eine besondere Herausforderung für die Kriminalprävention dar, hieß es. Laut Statistik wird im Jahr 2030 etwa jeder dritte Deutsche älter als 65 Jahre sein. Senioren laufen eher Gefahr, Opfer von Kriminellen zu werden, wie der Landesrat für Kriminalitätsvorbeugung befürchtet. Haustürgeschäfte, Betrügereien im Internet, Taschendiebstahl, Abzocke bei Kaffeefahrten, Gewalt in der Pflege - das Spektrum der Delikte gegen Senioren sei vielfältig, erklärte ein Sprecher des Landesrates.

Der Landespräventionspreis ging in diesem Jahr nach Rügen. Auf der Ostseeinsel wurde eine Reihe von Informationsveranstaltungen extra für Senioren als potenzielle Opfer organisiert. dpa/nd

 

»Das Land muss bei Planungen aber auch den prognostizierten Einwohnerrückgang berücksichtigen«, entgegnete der Staatssekretär. So soll es im Jahr 2030 rund 83 000 Haushalte weniger im Nordosten geben. Allein 50 Millionen Euro sollen bis zum Jahr 2020 unter anderem in ein besseres Wohnumfeld - Begegnungsstätten zum Beispiel - fließen, erläuterte der Staatssekretär. Zudem fördere man den Einbau von Aufzügen in Wohnhäusern 2014/2015 mit je fünf Millionen Euro.

Der Hintergrund: Aufgrund der verbreitet niedrigen Einkommen im Nordosten können Vermieter teure Umbauten - wie einen Aufzug - nicht auf die Mieten umlegen. Jetzt warten die Wohnungsgesellschaften, dass die Förderrichtlinie vorgelegt wird, damit sie beginnen können. »Die Anträge liegen in der Schublade«, sagte der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft der mecklenburg-vorpommerschen Wohnungsunternehmen, Roland Blank. Er forderte, dass die Förderung nicht zwei Jahre, sondern bis zum Jahr 2021 bleiben müsse, um wesentlich voranzukommen.

Aufzüge für einen Fünfgeschosser kosten laut Blank 200 000 Euro. Mit dem Förderprogramm könnten pro Jahr 150 Aufzüge eingebaut werden. »Mit einem Lift kann man zehn Wohnungen erschließen, das macht 1500 Wohnungen im Jahr«, rechnet Geschäftsführer. Was da in zwei Jahren zu schaffen wäre, sei ein Tropfen auf den heißen Stein.

In dem Verband sind 150 Wohnungsgesellschaften mit 286 000 Wohnungen zusammengeschlossen. Das sei gut die Hälfte (52 Prozent) aller Mietwohnungen im Land, sagte Blank. Laut Kuratorium Deutsche Altershilfe fehlen in Mecklenburg-Vorpommern 35 000 seniorengerechte Wohnungen. Vor allem der Zugang zu Wohnungen sei für Ältere oft ein Problem. Und der Bedarf steige weiter an, es müssten rund 200 Millionen Euro investiert werden. In diesem Jahr stünden aber nur 2,5 Millionen Euro an Fördermitteln zur Verfügung. Die Arbeitsgemeinschaft wählte am Mittwoch zudem Dieter Vetter von der Wohnungsbaugesellschaft Stralsund als neuen Vorsitzenden. dpa/nd

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