Lotsen aus dem Schneider

Jörg Meyer begrüßt das Urteil zum Flughafenstreik

  • Jörg Meyer
  • Lesedauer: 2 Min.

Das hessische Landesarbeitsgericht (LAG) hat am Donnerstag wie schon die Vorinstanz eine Klage zweier Fluggesellschaften sowie der Flughafenbetreibergesellschaft aus Frankfurt am Main, Fraport, abgewiesen. Die forderten fast 9,5 Millionen Euro Schadenersatz von der Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) wegen eines Streiks und eines angekündigten Unterstützungsstreiks im Februar 2012. Hintergrund war ein Arbeitskampf zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von rund 200 Beschäftigten aus der Vorfeldkontrolle und Verkehrsaufsicht am Flughafen Frankfurt.

Nach mehreren Streiktagen Mitte bis Ende Februar hatten die Vorfeldarbeiter ihren Dienst wieder aufgenommen, weil wieder verhandelt wurde; doch vergeblich. Nach dem erneuten Stocken der Gespräche wollten die Beschäftigten wieder ihre Arbeit niederlegen. Die Fluglotsen kündigten einen Unterstützungsstreik an. Beide Aktionen wurden zwar vom Frankfurter Arbeitsgericht verboten, doch Fraport hatte mit insgesamt rund 1700 ausgefallenen Flügen gerechnet.

De Gewerkschaft hatte nach Ansicht des Arbeitsgerichts einen Formfehler begangen: Ein Punkt in einem Tarifvertrag war nicht Gegenstand der Tarifrunde, darum erfolgte der Streikaufruf in der Friedenspflicht und war damit nicht rechtens. Dennoch, so schrieb das Gericht in einer Mitteilung am Donnerstag, könnten die Fluggesellschaften prinzipiell keine Schadenersatzforderungen geltend machen, da sie lediglich Drittbetroffene seien und der Arbeitskampf sich nicht gegen sie richtete. Auch die Forderung von Fraport wies das Gericht zurück. Der angedrohte Streik wäre ebenso verlaufen und hätte ebenso hohe Kosten verursacht, wären die Streikziele insgesamt rechtmäßig gewesen. »Das bestätigt zu 100 Prozent unsere Rechtsauffassung«, freute sich GdF-Sprecher Jan Janocha gegenüber »nd«.

Wegen der »grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache« hat das LAG die Revision vor dem Bundesarbeitsgericht zugelassen. Dort sind bereits zwei weitere Verfahren anhängig, die sich mit einem ähnlichen Sachverhalt beschäftigten, eingereicht von mehreren Fluglinien.

Es bleibt zu hoffen, dass die Richterinnen und Richter in Erfurt zum gleichen Schluss kommen, wie ihre Frankfurter Kolleginnen und Kollegen. Wo kommen wir denn da hin, wenn vom Streik betroffene, aber nicht selbst bestreikte Unternehmen auf Schadenersatz klagen können? Zum einen könnte das bei den Summen, um die es besonders im Flug- oder Zugverkehr geht, existenzbedrohend für eine Gewerkschaft sein. Zum anderen hätte ein anderslautendes Urteil als das gestrige fatale Folgen für das ohnehin schon vergleichsweise äußerst eingeschränkte deutsche Streikrecht. Zudem würde mit so einem Urteil nahegelegt, die Gewerkschaften seien die einzig Schuldigen an einem Arbeitskampf, und das stimmt nun wirklich nicht.

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