Die Parzellen der Weisen

Stephan Fischer lauscht über die Gartenzäune Berlins

  • Stephan Fischer
  • Lesedauer: 2 Min.

Zugegeben, es gibt ihn noch, den Gartennachbarn, der, die Hände in die kurz behoste Hüfte gestemmt, über den Zaun hinüber gut gemeinte, aber wenig nützliche Tipps zur korrekten Rasenhöhe gibt. Wobei die Tipps eher wie Befehle klingen. Viel öfter ist heute aber lautes Kinderlachen in den Kleingartenkolonien Berlins als schnarrender Kasernenhofton zu hören: Familien haben die kleinen grünen Inseln in der Hauptstadt entdeckt. In manchen Kolonien der Innenstadt gibt es lange Wartezeiten für die eigene Parzelle.

Die Pächter wissen, was sie an der Scholle haben: Über das selbst gezogene Gemüse, ganz selbstverständlich bio, kommt man mit den Nachbarn ins Gespräch, der ohne Garten allein in seiner Wohnung verkümmern würde. Die Kinder sind abends zu Hause so wunderbar müde, wenn sie den ganzen Tag im Freien getobt haben.

Die Kleingärten nutzen dabei der ganzen Stadt: Sie binden Staub und Abgase des Straßenverkehrs, bieten Berliner Pflanzen und Tieren Lebensraum, die sonst keinen Platz hätten, und beeinflussen das Stadtklima günstig.

Berlin hat seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges mehr als die Hälfte seiner Kleingartenflächen verloren. Gut, dass der Senat jetzt mehr als 80 Prozent der landeseigenen Flächen erhalten möchte. Kurzsichtig ist es aber, dass immer noch Beete planiert werden, um Betonpisten Platz zu machen. »Dumme hasten, Kluge warten, Weise gehen in den Garten« steht an einer Fassade in der Nähe des Bahnhofs Frankfurter Allee, wo einmal die Stadtautobahn A 100 enden soll. Auch so ein Tipp, aber ein nützlicher.

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