Viel Verantwortung für »Eltern auf Zeit«

Pflichten und Rechte von Pflegefamilien

  • Lesedauer: 3 Min.
Die Aufnahme eines Pflegekindes ist eine besondere Herausforderung. Denn viele von ihnen kommen aus teilweise schwierigen Verhältnissen. Umso mehr kommt es in ihrem neuen Zuhause darauf an, ihnen Liebe und Geborgenheit zu geben. Doch »Eltern auf Zeit« müssen auch eine ganze Reihe rechtlicher Vorgaben erfüllen.

Wer sich als Pflegeperson eignet, wie lange das Kind bleiben kann und worüber die Ersatzfamilie entscheiden darf, erklärt die D.A.S. Rechtsschutzversicherung.

Pflegeeltern müssen in der Lage sein, einem Kind ein stabiles, liebevolles Umfeld zu bieten. Eine pädagogische Ausbildung ist nicht erforderlich. Vielmehr zählen die persönliche Eignung, Freude am Zusammenleben mit Kindern, Einfühlungsvermögen, Offenheit und Geduld.

»Nicht nur Ehepaare können Pflegekinder aufnehmen, sondern auch unverheiratete oder gleichgeschlechtliche Paare und Alleinstehende«, sagt Anne Kronzucker, Juristin der D.A.S. Rechtsschutzversicherung. Allerdings achtet das Jugendamt auf ein intaktes Familienleben und darauf, dass der Altersabstand der Pflegeeltern zum Pflegekind dem natürlichen Eltern-Kind-Verhältnis entspricht.

Zudem müssen Pflegeeltern in gesicherten finanziellen Verhältnissen leben. Auch die Wohnung sollte groß genug sein. Kleine Kinder brauchen nicht zwingend ein eigenes Zimmer, aber ausreichend Platz zum Spielen und Lernen.

Führungszeugnis und Gesundheitsattest

Wer die Entscheidung getroffen hat, ein Pflegekind aufzunehmen, bewirbt sich zunächst beim Jugendamt. Interessenten müssen ein polizeiliches Führungszeugnis, ein Gesundheitsattest, abhängig vom Bundesland auch teilweise einen Verdienstnachweis und einen Drogentest vorlegen.

Fachkräfte des Jugendamtes überprüfen die Eignung der Bewerber genau, zum Teil auch mit Hausbesuchen. Wenn der Bewerber alle Voraussetzungen erfüllt, wird ihm eine amtliche Pflegeerlaubnis erteilt, und das Amt merkt ihn als potenzielle Pflegeperson vor.

Die Mitarbeiter werden sich melden, sobald sie ein Kind zu vermitteln haben. Der Bewerber erhält zunächst ausführliche Informationen über den Jungen oder das Mädchen. Danach finden Gespräche zwischen den Pflegeeltern, den leiblichen Eltern und dem Kind statt. »Die Aufnahme geschieht auf freiwilliger Basis«, betont die D.A.S. Expertin. »Die Pflegeeltern können und sollten das Kind ablehnen, wenn sie sich ein Zusammenleben mit ihm nicht vorstellen können.«

Die leiblichen Eltern haben Besuchsrecht

Eines müssen Pflegeeltern stets im Kopf behalten: Sie sind meistens nur »Eltern auf Zeit«, die sich irgendwann wieder von ihrem Schützling trennen müssen. »Üblich ist der Abschluss eines Pflegevertrags, in dem das Jugendamt und die leiblichen Eltern sowie die Pflegeeltern die jeweiligen Rechte und Pflichten genau festlegen«, erklärt die Juristin Anne Kronzucker.

Wie lange das Kind bleibt, richtet sich ganz nach seiner individuellen Situation: In einigen Fällen kehrt es nach einer gewissen Zeit zu den leiblichen Eltern zurück. In anderen bleibt es unbefristet bis zur Volljährigkeit bei den Pflegeeltern.

Prinzipiell sind Pflegeeltern verpflichtet, dem Kind den Umgang mit seiner leiblichen Familie zu ermöglichen - außer wenn eine Gefährdung des Kindswohls anzunehmen ist. Außerdem bleibt das Jugendamt im Kontakt mit der Pflegefamilie, solange das Kind dort lebt; die Pflegeeltern müssen zu einer engen Zusammenarbeit bereit sein.

Absprachen bei Schulwechsel und Operationen

Pflegeeltern haben weitgehend die gleichen Pflichten, aber nicht die gleichen Rechte wie leibliche Eltern: Sie müssen die Kinder angemessen betreuen, pflegen und versorgen. Doch in aller Regel behalten die leiblichen Eltern das Sorgerecht.

Die Pflegeeltern können sie dabei in gewissem Maß vertreten. Näheres regelt oft der Pflegevertrag. »Das heißt, dass die Pflegeeltern zwar in der Regel über Angelegenheiten des täglichen Lebens entscheiden können: Sie dürfen das Kind in Sportvereinen anmelden, zum Arzt bringen oder Gespräche mit den Lehrern führen«, darauf verweist die D.A.S. Juristin Anne Kronzucker und ergänzt: »Doch bei weitergehenden Entscheidungen, etwa vor einem Schulwechsel, einem Umzug oder operativen Eingriff, sind Absprachen mit Jugendamt und leiblicher Familie nötig.«

Pflegeeltern bekommen ein monatliches Pflegegeld

Dafür haben die Pflegeeltern einen gesetzlichen Anspruch auf ein monatliches Pflegegeld, eine Pauschale für den Unterhalt des Kindes. Zudem können sie weitere Hilfen erhalten, etwa zur Erstausstattung oder wenn ein besonderer Anlass wie eine Klassenfahrt oder eine Kommunion anstehen. D.A.S./nd

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