Brandgefährliches Kältemittel

Test der Umwelthilfe zeigt erneut Risiken von R1234yf / EU will Verfahren gegen Deutschland einleiten

  • Grit Gernhardt
  • Lesedauer: 2 Min.
Die EU will ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einleiten, weil Daimler weiter das umweltschädliche Kältemittel R134a verwendet. Die Alternative ist aber gefährlich, zeigt ein Test.

Im Sommer schön kühl, im Winter angenehm warm - die meisten Autonutzer wollen auf eine Klimaanlage nicht verzichten. Die Umweltrisiken werden dabei oft ausgeblendet. Jahrelang verwendeten Autobauer das extrem klimaschädliche Kältemittel Tetrafluorethan (R134a) - bis die EU es verbot: Seit Januar 2013 dürfen neue Pkw-Typen nicht mehr mit Klimaanlagen ausgestattet sein, die mit diesem Mittel funktionieren, ab 2017 soll es in allen Autos verboten sein. Die derzeitige Alternative heißt R1234yf, das umweltfreundlicher ist und ohne großen Aufwand in vorhandenen Anlagen benutzt werden kann. Laut der Deutschen Umwelthilfe (DUH) wurden bis Ende 2013 in Deutschland fast 100 000 Autos neu zugelassen, in denen R1234yf genutzt wird.

Klimaanlagen in neuen Mercedes-Benz-Modellen werden dagegen weiter mit R134a befüllt - eine Ausnahmeregelung des Kraftfahrt-Bundesamtes macht es bis Ende 2016 möglich. Mercedes-Hersteller Daimler hält R1234yf für gefährlich, weil es bei einem Unfall zu Bränden führen kann. Bis 2017 will der Autobauer deshalb seine Klimaanlagen auf den Betrieb mit CO2 umrüsten, erste Prototypen wurden kürzlich erfolgreich getestet.

So viel Geduld hat die EU jedoch nicht, sie will laut einem Bericht des »Handelsblattes« am Donnerstag ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einleiten. EU-Industriekommissar Antonio Tajani wirft den deutschen Behörden vor, widerrechtlich neue Fahrzeugtypen zu dulden. Die Bundesregierung stärkte Daimler bisher den Rücken.

Ein aktueller Test der Deutschen Umwelthilfe (DUH) stützt ebenfalls die Position des Autobauers: Demnach wird R1234yf auch bei Fahrzeugbränden, die nicht direkt auf einen Austritt des Kältemittels zurückzuführen sind, zum Risiko für Insassen und Rettungskräfte. Beim Abbrennen eines Fahrzeugs seien alarmierend hohe Mengen von Fluorwasserstoff (Flusssäure) festgestellt worden, erklärte Verkehrsexperte Axel Friedrich, der den Test betreute. »Diese Konzentration führt bereits nach kurzer Zeit zu irreversiblen gesundheitlichen Schäden«. Flusssäure verätzt sehr schnell Augen, Haut und Schleimhäute. Das Ergebnis lasse sich auf alle Fahrzeuge mit R1234yf übertragen, so Friedrich.

Frühere DUH-Tests hatten zudem gezeigt, dass sich austretendes R1234yf bei einem Unfall schnell entzündet. Die DUH forderte deshalb ein Verbot von R1234yf und sprach sich »für den schnellstmöglichen Einsatz der sicheren und umweltfreundlichen Kältemittelalternative CO2« aus.

R1234yf-Hersteller Honeywell betonte dagegen, sein Produkt sei sicher. Auch der Verband der Automobilindustrie verwies auf frühere Tests, die die Sicherheit des Mittels zeigten, forderte aber die DUH auf, ihre Daten an die EU-Kommission und das Kraftfahrt-Bundesamt weiterzuleiten.

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