Klar auf konservativ getrimmt

Der US-Sender Fox News ärgert sich über eine kritische Biografie über seinen Gründer Roger Ailes

  • Sebastian Moll
  • Lesedauer: 3 Min.

Getroffene Hunde bellen. Das trifft derzeit auch auf Roger Ailes zu. Die unautorisierte Biographie von Ailes, ein 560-Seiten-Werk des New Yorker Journalisten Gabriel Sherman, ist noch nicht einmal in den Buchhandlungen. Doch die PR-Maschinerie des Sendenetzwerkes Fox, das Ailes aufgebaut hat, läuft schon auf Hochtouren, um den Schaden zu begrenzen. »Der Verlag hat es versäumt, seine Fakten bei uns zu verifizieren - das ist alles, was man über dieses Machwerk und seine Agenda wissen muss«, hieß es aus dem Hauptquartier von Fox News an der New Yorker Sixth Avenue.

Dabei hat Sherman in der vierjährigen Recherche alle Anstrengungen unternommen, den Sender und seinen Chef in die Recherche einzubeziehen, für das er mehr als 600 Interviews geführt hat. Doch er stieß gegen Wände. Aus der Sicht Shermans ist das für den größten und einflussreichsten Nachrichtensender der USA typisch. Ailes führt den Kanal als despotischer Herrscher, der eine Kultur der Einschüchterung und der Paranoia pflegt. Dabei hat Fox nicht nur die Medienlandschaft in den USA grundlegend verändert, sondern auch die politische Kultur des Landes. Spätestens seit der Präsidentschaftswahl von 2004 wird Fox als der Propaganda-Arm der republikanischen Partei bezeichnet. Demokratische Kandidaten wurden systematisch und gezielt demontiert. Fabrikationen wie Obamas vermeintliche heimliche sozialistische Neigungen oder seine angeblich gefälschte Geburtsurkunde kamen direkt aus der Fox-Sendezentrale.

Die Ailes-Biografie zeigt auf, wie sehr das der Vision von Ailes entspricht. »Ailes ist Fox News«, sagt eine ehemalige Mitarbeiterin. »Der Sender ist eine direkte Reflektion seiner Persönlichkeit.« Sherman beschreibt im Detail, wie Ailes seine 1700 Leute persönlich auf Linie bringt, angefangen von der Morgenkonferenz, bei der er lange Monologe über seine Ansichten zur Tagespolitik hält, bis hin zur Kultur der Einschüchterung, die den Konzern beherrscht. »Wenn Ailes spricht, dann ist das so, wie wenn der Genosse Parteivorsitzende Mao in China gesprochen hat.«

Bereits in den 1970er Jahren wollte Ailes einen Fernsehsender haben, der selbst die maßgebliche konservative Macht im Staat darstellt. Damals war Ailes Medienberater des Präsidentschaftskandidaten Richard Nixon und erlebte die Macht des Fernsehens in der Politik. Im Wahlkampf des älteren George Bush, den Ailes ebenfalls beriet, verfestigte sich dieser Glaube.

Ailes‘ Augenblick kam, als Rupert Murdoch Mitte der 90er Jahre mit seinen Plänen ernst machte, in das Fernsehgeschäft einzusteigen. Ailes, der damals den Wirtschaftssender CNBC leitete, war sein Mann. Die beiden teilten sowohl den Glauben daran, was man mit dem Fernsehen bewegen kann, als auch eine gemeinsame »Verachtung der traditionellen Regeln des Journalismus«. Ailes, als Arbeitersohn in Ohio aufgewachsen, brachte instinktiven Populismus mit. Ausgewogenheit interessierte ihn ebenso wenig wie journalistische Distanz. Während der Präsidentschaft von George W. Bush hatte er stets einen direkten Draht ins Weiße Haus - die harte Linie des Präsidenten nach dem 11. September, die schließlich unter anderem zum Irakkrieg führte, war nicht zuletzt eine Empfehlung von Ailes.

Laut Sherman ist Ailes für die Polarisierung der US-Öffentlichkeit so sehr verantwortlich wie niemand anderes. Die Lähmung der Regierung in Washington gehe direkt auf Ailes zurück. Zugleich hat freilich Barack Obama zweimal die Wahl gewonnen, seit Fox News das Heft in der konservativen Bewegung in die Hand genommen hat. So ist wohl auch Obama ein Verdienst von Ailes, wenn er tatsächlich so viel Macht hat, wie Sherman das nahe legt.

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