Gysi zur SPD: »Wir brauchen jetzt Gespräche«

Linksfraktionschef lehnt Bedingungen ab und warnt SPD vor schwarz-grünem Machtblock / Parteien entscheiden nicht allein über Koalitionen

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Linksfraktionschef Gregor Gysi hat die SPD dazu aufgefordert, sich ohne Vorbedingungen einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit der Linkspartei zu öffnen. »Wir brauchen jetzt Gespräche«, sagte Gysi der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung«. Dies sei zwar derzeit »ein bisschen komisch«, da die SPD an einer Regierung mit der Union beteiligt ist und die Linkspartei in der Opposition steht. Zwischen Sozialdemokraten und Linken müsse aber »ein gewisses Vertrauen« entstehen, sonst werde »nichts laufen«.

Der Linkenpolitiker warnte die Sozialdemokraten davor, sich mit Blick auf 2017 nicht auch auf eine rot-rot-grüne Regierungsoption einzustellen. »Die Grünen waren 2013 nicht auf Schwarz-Grün vorbereitet. Das nächste Mal werden sie es sein«, so Gysi, der ergänzte, »dann hätte die SPD ein neues Problem: Ein schwarz-grüner konservativer Block wäre sehr schwer zu knacken.« Für den Bundestagsabgeordneten steht dabei »nicht zwingend« nach den nächsten Bundestagswahlen Rot-Rot oder Rot-Rot-Grün an. Aber wenn in den kommenden Jahren eine solche Möglichkeit ergriffen werden soll, »dann müssen Bündnisse vorbereitet sein«.

Mit Blick auf Äußerungen des SPD-Politikers Ralf Stegner, der in dieser Woche verlangt hatte, dass sich zunächst die Linkspartei gravierend ändern müsse, bevor überhaupt an eine Regierungszusammenarbeit auf Bundesebene zu denken sei, sagte Gysi, solche Formulierungen seien »absurd«. Vielleicht müsse »die SPD mal wieder sozialdemokratisch werden«, sagte der Linksfraktionschef. »Wir könnten ja auch verlangen: Die Rente mit 67 wird abgeschafft, jede Form prekärer Beschäftigung wird abgeschafft, und solange das nicht gemacht ist, könnten wir nicht mit der SPD reden«.

Vorbedingungen nannte Gysi jedoch »falsch«. Er schlug vor, »erst einmal eine Gesprächsebene« zu finden, »und wenn dann fünf Punkte übrig bleiben, über die keine Einigkeit zu erzielen ist, müsste die erste Ebene eine Lösung suchen«. Es könne jedenfalls nicht sein, so der Linksfraktionschef, dass sich eine Partei verändern müsse »und die andere bleibt, wie sie ist. Wenn wir ein linkes Projekt realisieren wollen, muss es eine andere Richtung haben als die gegenwärtige Politik.«

Zudem warnte der Linkenpolitiker davor, die Frage der parteipolitischen Zusammenarbeit allein aus der Perspektive von Parteiführungen zu beantworten. Dies machten »sich gern die Illusion, sie entschieden allein über Koalitionen. Doch entscheidend ist die gesellschaftliche Stimmung«, so Gysi. Wenn es »einmal eine richtige Wechselstimmung« geben würde, dann könnten sich weder SPD noch Grüne dem entziehen. »Ganz so frei, wie wir immer alle tun, sind wir nicht.«

Derweil hat die neue Ostbeauftragte der Bundesregierung, die SPD-Politikerin Iris Gleicke, dem »Tagesspiegel« erklärt, ihre Partei kämpfe »in erster Linie um die eigene Stärke«. Sie selbst habe mit Blick auf die Linkspartei »nie zu denen gehört, die gesagt haben: Spielt nicht mit den Schmuddelkindern«. Die SPD brauche eine Alternative, »sonst bleibt sie in der babylonischen Gefangenschaft der CDU.« Gleicke sagte, die Linke müsse »ihr Verhältnis zu uns klären, aber wir auch das zur Linken«. Das Verhältnis zwischen beiden Parteien könne sich ändern: »Uns stehen vier Jahre große Koalition bevor. Und dann reden wir: Wir nutzen die Zeit.« nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal