Weniger Sicherheit in der Luft

Französischer Fluglotsenstreik abgesagt / Gewerkschaften wehren sich gegen EU-Pläne

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Fluglotsen haben den geplanten Streik nach einer Einigung mit Frankreichs Regierung abgeblasen. Die Proteste könnten aber bald wieder aufflammen - die EU plant Privatisierungen im Flugverkehr.

Eigentlich wollten die französischen Fluglotsen ab heute eine Woche lang landesweit streiken. Ihre deutschen Kollegen wollten sie am Mittwoch mit einem einstündigen Kurzstreik unterstützen. Nach einer Vermittlungsrunde am Freitag in Paris wurde der Streik allerdings abgesagt, weil - wie die große Fluglotsengewerkschaft SNCTA mitteilte -, »die Regierung auf unsere Forderungen eingegangen ist«. Zwar halten zwei kleine Gewerkschaften an ihrer Absicht fest, am 29. und 30. Januar zu streiken, doch dürfte dies keine nachhaltigen Auswirkungen auf den Flugverkehr haben.

Abgesagt wurde nun auch der einstündige Streik, mit dem die deutsche Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) ihre Solidarität mit ihren französischen Kollegen bekunden wollte. Um das zu verhindern, hatten die bundeseigene Deutsche Flugsicherung (DFS), die 2000 Fluglotsen beschäftigt, und die Lufthansa die Arbeitsgerichte in Frankfurt am Main und München angerufen. Ihrer Meinung nach handelte es sich bei der geplanten Unterstützungsaktion um einen »politischen Streik«, der in Deutschland verboten ist.

In Frankreich dagegen steht die Zivilluftfahrtbehörde DGAC hinter ihren Fluglotsen. Ihr Generaldirektor Patrick Gandil erklärte in der vergangenen Woche: »Ich bedaure natürlich den Streik, aber ich teile die Besorgnisse der Fluglotsen.« Die hatten in einem Brief an die DGAC deren Pläne für die Modernisierung der Flugsicherungstechnik in den Jahren 2014 bis 2016 begrüßt, wenngleich sie sie als »absolut notwendiges Minimum« bezeichneten.

Scharf kritisiert wurde dagegen die Forderung der EU-Kommission, die Gebühren für die Fluggesellschaften drastisch zu senken. Da auf diesen Geldern das Budget der DGAC beruht, hätte dies zur Konsequenz, dass Investitionsmittel für die Modernisierung fehlten, warnten die Fluglotsen. Sie forderten von der französischen Regierung, »Garantien, dass durch entsprechende Erhöhungen der Gebühren die Mittel für die Modernisierung bereitgestellt werden oder aber die Regierung dafür einsteht«. Während Verkehrsminister Frédéric Cuvillier dies noch vor Tagen mit Hinweis auf Sparzwänge abgelehnt hatte, machte er in der Vermittlungsrunde am Freitag eine Kehrtwende und sicherte die nötigen Mittel zu.

Eigentlich sind beide Seiten objektive Verbündete: Wie die Gewerkschaften, so lehnt auch die Regierung die Forderung der EU-Kommission ab, als Schritt zu dem 1999 von dem Verkehrsministern beschlossenen Prinzip eines »gemeinsamen Himmels« (Single European Sky) nicht strategische Teile der Flugsicherung wie Wetterdienst und Wartung zu privatisieren. Auch die deutsche Regierung lehnt diese Pläne ab, doch die EU-Kommission hofft, auf einer für den 4. Februar in Brüssel anberaumten Tagung der Luftaufsichtsbehörden der EU-Länder eine Mehrheitsentscheidung für ihre Vorschläge zu erzielen.

Die EU-Kommission, die vor allem die Gebühren für die Fluggesellschaften senken will, strebt ein europaweites System statt des heutigen »Flickenteppichs« der 27 nationalen Flugsicherungssysteme mit 650 Luftraumsektoren und 60 Flugverkehrszentren an. Das lehnen allerdings zahlreiche Regierungen wegen des damit verbundenen Verlusts von Teilen ihrer Lufthoheit ab. Die EU-Kommission argumentiert, dass in Europa im Flugverkehrsmanagement 57 000 Menschen beschäftigt sind, während man in den USA mit der Hälfte auskommt. Die Gewerkschaften wehren sich gegen die Kommissionspläne, weil sie einen massiven Verlust von Arbeitsplätzen befürchten. Sie warnen vor dem damit unausweichlich verbundenen »drastischen Abfall des Sicherheitsniveaus« in Flugverkehr.

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