Millionen Mädchen und Frauen von Genitalverstümmelung betroffen

»Terre des Femmes«: Zahl der Opfer weitaus höher als angenommen

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Berlin. Die weibliche Genitalverstümmlung ist nach Schätzungen von Experten weitaus stärker verbreitet als bislang angenommen. Allein in Indonesien würden jedes Jahr rund zwei Millionen Mädchen und Frauen beschnitten, erklärte die Frauenrechtsorganisation »Terre des Femmes« am Donnerstag in Berlin. Diese Zahlen tauchten bislang aber nicht in den Statistiken der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf. Laut Zahlen der WHO werden jedes Jahr weltweit drei Millionen Mädchen und Frauen beschnitten.

Das Augenmerk liegt dabei nur auf afrikanischen und arabischen Ländern. Asien und andere Regionen wurden dagegen bislang kaum beachtet. »Terre des Femmes« fordert ein weltweites Verbot der weiblichen Genitalverstümmelung. Die indonesische Regierung fördere die Praxis, indem sie empfehle, den Eingriff in Krankenhäusern vornehmen zu lassen, kritisierte »Terre des Femmes«-Referentin Katharina Kunze. Damit werde auch ein neuer Markt für Ärzte eröffnet, legal und garantiert straffrei diese Menschenrechtsverletzung vorzunehmen.

Nach Angaben der Geschäftsführerin der Menschenrechtsorganisation Watch Indonesia, Basilia Dengen, werden etwa 65 Prozent der Bescheidungen von Mädchen offiziell in indonesischen Krankenhäusern vorgenommen. Häufig handele es sich um Massenbeschneidungen. »Diese Praxis führt dazu, dass sich die weibliche Genitalverstümmlung auch in Regionen ausbreitet, wo sie vorher noch gar nicht bekannt war«, erklärte sie. Die meisten Betroffenen seien neugeborene Babys und Mädchen bis zehn Jahre. Zum internationalen Aktionstag »Null-Toleranz gegenüber weiblicher Genitalverstümmlung« am 6. Februar starten Aktivisten eine weltweite Unterschriftenaktion gegen die Regierung in Jakarta.

Der Kampf gegen die weibliche Beschneidung zeigt laut »Terre des Femmes« bereits Erfolge: So nehme Burkina Faso mittlerweile eine führende Rolle im internationalen Engagement ein. Beschneider werden mit bis zu drei Jahren Gefängnis und mit Geldstrafen bis zu umgerechnet rund 7.300 Euro bestraft. Zwischen 2005 und 2012 seien über 800 Menschen in dem westafrikanischen Land wegen weiblicher Genitalverstümmlung verhaftet und rechtskräftig verurteilt worden.

Auch in europäischen Ländern solle vor allem in den afrikanischen Gemeinschaften ein Bewusstseins- und Verhaltenswandel angeregt werden, betonte Linda Edeberg, Projektkoordinatorin des EU-Projekts Change. Derzeit werden in Deutschland, Schweden, den Niederlanden und Großbritannien Personen ausgebildet, die in Familien, bei Ärzten und auch bei Geistlichen über die weibliche Genitalverstümmlung aufklären sollen.

Das Europäische Parlament schätzt die Zahl der beschnittenen Mädchen und Frauen in der EU auf rund 500.000. Davon leben etwa 25.000 Betroffene in Deutschland. Mindestens 2.500 weitere Mädchen in Deutschland sind den Angaben zufolge gefährdet, heimlich beschnitten zu werden. epd/nd

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