Der Holocaust in den Schulbüchern

Bildungsrauschen

  • Lena Tietgen
  • Lesedauer: 3 Min.

Anlässlich des Holocaust-Gedenktages am 27. Januar wurden Teilergebnisse einer Studie veröffentlicht, die das Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung in Kooperation mit der UNESCO erstellt hat. Gefragt wurde, ob und wie der Holocaust als Bildungsauftrag aufbereitet wird.

Neben sueddeutsche.de berichtete u.a. spiegel.de. Sie posteten, dass der Holocaust in den Materialien deutscher Geschichtsschulbücher »unpräzise« dargestellt und politisch eingebettet sei. Es »hapert an fachlichen und sprachlichen Details«, schreibt spiegel.de, »Schüler und Lehrer können nicht sicher sein, dass der neueste Forschungsstand berücksichtig ist.« Beispielsweise beginne das Kapitel »Der Völkermord« im Schulbuch »Das waren Zeiten 4« mit: »Hitler hatte seine Absicht, die Juden zu vernichten, schon am 30. Januar 1939 zu erkennen gegeben«. Dieser Satz sei »problematisch, weil Täterschaft und Verantwortung ›stark personalisiert‹ würden, ganz so, als sei Hitler allein für die Massenverbrechen verantwortlich. Eine Überschrift wie ›Die Bevölkerung wird verführt‹ aus demselben Lehrwerk sei ›irreführend beziehungsweise verharmlosend‹. Alternativ schlugen die Wissenschaftler vor, «neben den ›von Autorentexten dominierten Schulbucherzählungen‹ vermehrt Quellen, Zitate und Zeugenaussagen in die Schulbücher aufzunehmen. Erscheinen soll die Studie Frühjahr 2014.

User diskutierten im Forum. Lankoron hält »Qualität und Quantität des Unterrichts für wichtiger als die Wortwahl in Lehrbüchern. Finanzielle Mittel für Ausflüge zu Gedenkorten oder gar zum Einladen eines Zeitzeugen sind nicht vorhanden. Fachübergreifender Unterricht zu diesem Thema ist absolute Ausnahme. Und was den deutschen Geschichtsunterricht angeht: Jahreszahlen, tote Könige und weit zurückliegende Ereignisse sind immer noch deutlich wichtiger.« sitiwati unterstützt diese Meinung, sieht aber, »dass die jetzigen Lehrer und Schüler keine echte Beziehung mehr haben. Die KZ sind heute teilweise grüne Wiesen, nichts deutet auf die Schrecken hin, die da waren.«

MitSchmiss provoziert: »Natürlich müssen die Deutschen immer und immer wieder an das schlimme Verbrechen erinnert werden, das ein paar deutsche Politiker im Dritten Reich zu verantworten haben. Nie wieder darf sich das wiederholen! Schnell noch ein paar Milliarden nach Israel schicken damit auch alle Überlebenden gut versorgt sind - wir Deutschen stehen da in einer Kollektivschuld demütig vor dem israelischen Volk!«

Worauf stefansaa kontert: »Ach ja, und nur wegen ein paar Politikern ist das alles passiert? Hat ansonsten keiner mitgemacht? Diese Vorstellung Ihrerseits ist verdammt gefährlich. Natürlich haben die Leute mitgemacht. Die waren doch froh, dass die Nazis denen Arbeit gegeben haben. So hatten alle was zu tun, ein klares Feindbild und ein klares Ziel. Das können nicht nur ein ›paar‹ Politiker gemacht haben. Schauen Sie sich mal die Mitgliederentwicklung der NSDAP in den 20ern/30ern an. Da gab es Hunderttausende die der Meinung waren, dass Juden, Behinderte, ›Neger‹ und sonstige Andersartige alle weg gehören. Das Thema ist weiterhin wichtig, weil es die Schüler auch heute noch dafür sensibilisieren muss, was passiert, wenn man wegschaut und Verbrechen einfach akzeptiert.« Und objektivemeinung will, »auch mal den alltäglichen und teilweise institutionalisierten Rassismus in Deutschland im Lehrplan sehen.«

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