Müssiggang will nicht mehr

Der Cheftrainer der deutschen Biathleten kündigt nach schwachen Leistungen in Sotschi seinen Rücktritt an

  • Volker Gundrum und Uwe Jentzsch, Krasnaja Poljana
  • Lesedauer: 3 Min.
Nach der Pleite der deutschen Biathletinnen überrascht Chef-Bundestrainer Uwe Müssiggang mit der Ankündigung, am Ende der Saison zu gehen.

Chef-Bundestrainer Uwe Müssiggang will nach Olympia nicht mehr: Einen Tag nach dem schwächsten Rennen einer deutschen Frauenmannschaft bei Winterspielen sorgte der 62-Jährige mit seiner Rücktrittsankündigung zum Saisonende für zusätzliche Verunsicherung im Biathlonteam. Thomas Pfüller, Sportdirektor des Deutschen Skiverbandes, reagierte verwundert und verstimmt. »Wir sind hier bei Olympia, und ich habe es schon immer so gehalten, dass ich während der Spiele keine Personaldiskussionen führe«, sagte Pfüller am Mittwoch. »Wir haben hier andere Aufgaben zu lösen.«

Müssiggangs Vorstoß kommt zur Unzeit, auch wenn er sich schon vor längerer Zeit in diese Richtung geäußert hatte. Er habe gemerkt, dass er »deutlich weiter weg« von den Sportlern sei als früher. »Es war eine tolle Zeit, aber in jedem Leben kommt dann mal der Moment, wo man sagt: Es reicht dann auch mal«, sagte er. Die tägliche Arbeit leisten ohnehin längst andere: Gerald Hönig und Rico Groß bei den Frauen, Mark Kirchner und Fritz Fischer bei den Männern.

Müssiggang stand bislang für die erfolgreichste Zeit des deutschen Biathlons. Er ist das Gesicht und Sprachrohr des deutschen Trainerteams. »Ich hatte unglaublich schöne Jahre mit großen Momenten und unvergessenen Erinnerungen«, sagte Müssiggang, einer der erfolgreichsten deutschen Wintersporttrainer überhaupt.

Vor dem Hintergrund seines zeitnahen Aufhörens verlor sein aufmunternder Appell an die Mannschaft an Wirkung. Müssiggang versuchte, den Motivator zu spielen. »Wir wollen weiter um Medaillen kämpfen. Das Vermögen dazu haben wir«, erklärte er mutig. Mit den weit hinter den Erwartungen gebliebenen Skijägerinnen um die achtmalige Weltmeisterin Andrea Henkel gab es am Tag nach der Enttäuschung mit den Plätzen 27, 29, 30 und 40 erst einmal Einzelgespräche. »Wir haben versucht, die Mädels an ihre Stärken zu erinnern, an das, was wir trainiert haben, um einfach das Selbstbewusstsein wieder aufzubauen«, sagte er.

Während es früher ein echtes Gerangel um die Plätze in der Frauenstaffel gab, stellt sich das Sotschi-Quartett diesmal schon fast von alleine auf. Trotz des Umbruchs haben die deutschen Damen bereits den Staffelweltcup sicher. »Das zeigt, dass wir noch zur Weltklasse gehören«, sagte der Cheftrainer. Im Weltcup haben die Juniorinnen Laura Dahlmeier und Franziska Preuß überzeugt, bei Olympia aber Lehrgeld gezahlt. »An den beiden werden wir definitiv noch viel Freude haben«, sagte Frauen-Coach Hönig dennoch.

In Sotschi sollen nun aber vor allem die deutschen Männer am Donnerstag im Klassiker über die 20 Kilometer Mut machen. Andreas Birnbacher, Daniel Böhm, Simon Schempp und Erik Lesser wollen für die ersehnte erste Medaille sorgen. Viele Diskussionen würden dann verstummen. Für das Frauenrennen über die 15 Kilometer am Freitag ist das Team noch nicht nominiert. nd/dpa

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