Rückfallfrei bei Altersleukämie

Deutscher Krebskongress: Erstmals stagniert die Zahl onkologischer Neuerkrankungen

  • Ulrike Henning
  • Lesedauer: 3 Min.
In Sachen Krebs gibt es offenbar positive Neuigkeiten: Bei einigen Formen gibt es weniger Neupatienten als in den Jahren zuvor.

In Berlin begann am Mittwoch der 31. Deutsche Krebskongress. Die viertägige Großveranstaltung wird erstmals gemeinsam von der Deutschen Krebsgesellschaft - als Dachverband der Onkologen - und der Deutschen Krebshilfe gemeinsam veranstaltet. Letztere informiert, unterstützt Betroffene und fördert die Forschung. Am Sonnabend können Interessierte Vorträge zu verschiedenen Tumorarten hören und Experten befragen.

In diesem Jahr gibt es überraschend gute Nachrichten zum Thema Krebs, auch wenn Ärzte und Wissenschaftler mit der Botschaft noch sehr vorsichtig sind. Klaus Kraywinkel vom Robert-Koch-Institut in Berlin erklärte, bei der Auswertung von Daten der Krebsregister bis 2011 verstärke sich der Eindruck, dass die Erkrankungszahlen in den letzten zwei bis drei Jahren eher stagniert seien. Dabei nimmt der Anteil älterer Menschen zu, die als zunehmend gefährdet durch Tumore gelten. Am deutlichsten ist der Trend beim Darmkrebs - hier gehen die Erkrankungszahlen sogar zurück.

Krebs in Zahlen
Krebs kommt in rund 200 verschiedenen Formen vor. Jährlich erkranken rund 480 000 Menschen in Deutschland neu an einer Krebsform, darunter auch 1800 Kinder unter 15 Jahren. Wichtigster beeinflussbarer Risikofaktor ist weiterhin das Rauchen. Es wird geschätzt, dass dadurch 15 Prozent aller Fälle in Deutschland verursacht werden. Nach einer internationalen Studie von Krebsregistern aus 29 Ländern liegt Deutschland bei den Überlebenschancen in der europäischen Spitzengruppe. Unter allen Todesursachen liegt Krebs in der Bundesrepublik etwa seit 2000 konstant bei 25 Prozent. Das mittlere Sterbealter für Krebspatienten liegt bei 73 Jahren. UH

 

Stolz sind die Veranstalter darauf, dass Besucher erstmals auf einem derartigen Kongress die Vortrags- und Seminarräume erreichen können, ohne die umfangreiche Industrieausstellung durchqueren zu müssen. Niemand habe etwas gegen Hersteller, die neue Medikamente entwickeln, so Kongresspräsident Michael Hallek. Aber angesichts der Indus-triestudien, die in der Regel nur bis zur Zulassung der teuren, modernen Krebsmittel geführt werden, müsse die akademische Forschung stärker gefördert werden.

Den möglichen Erfolg eines solchen Vorgehens belegt eine Studie zur Behandlung der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL), die auf dem Kongress erstmals vorgestellt wurde. Diese Form eines Lymphoms kommt in den Industriestaaten am häufigsten vor, vor allem bei Männern über 50 Jahren. Oft wird sie auch als Altersleukämie bezeichnet. Der Krankheitsverlauf ist sehr unterschiedlich: Manche Patienten können über Jahre unbehandelt bleiben, ohne dass Beschwerden auftreten. Bei anderen Patienten verschlechtert sich das Blutbild schneller, häufig kommt es zu Juckreiz, Ekzemen und anderen Hautproblemen. Bislang galt die CLL als nicht heilbar. Bei einigen Teilnehmern an der erwähnten Studie zeigte jedoch eine bestimmte Kombination von Chemotherapeutika mit einem Antikörper überraschend gute Ergebnisse. Zwar hätten sich schon in den letzten 30 Jahren die Überlebenschancen bei CLL deutlich verbessert, erläuterte Barbara Eichhorst von der Universitätsklinik Köln. Hier könnte es jetzt aber einen regelrechten Sprung geben: Bei einem bestimmten genetischen Subtyp der Erkrankung ist die Hälfte der Patienten bei der genannten Therapie nach sechs Jahren noch rückfallfrei. »Wir haben den Beginn einer Ahnung davon, dass die Krankheit kontrolliert werden kann«, meint der Internist Michael Hallek.

Natürlich gibt es auch weiterhin steigende Neuerkrankungszahlen, etwa bei den schwer behandelbaren Tumoren an Leber und Bauchspeicheldrüse. Auch ist bisher nicht gesichert, dass alle Patienten den Nutzen der heute schon möglichen Gentests haben, nach denen dann die Therapieentscheidungen getroffen werden sollten. Das könnte teure Medikamente einsparen helfen, zumal diese oft schwere unerwünschte Nebenwirkungen haben.

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