Klage gegen Urnengang

Vetretung von Arbeitnehmern fordert neue VW-Gewerkschaftswahl

  • Carsten Hübner
  • Lesedauer: 3 Min.
Bei VW in Chattanooga beeinflussten gewerkschaftsfeindliche Kräfte die Betriebsratswahlen. Nun klagt die Arbeitnehmervertretung UAW.

Die US-Automobilarbeitergewerkschaft UAW hat am Freitag Klage beim »Nationalen Amt für Arbeitsbeziehungen« (NLRB) eingereicht. Sie fordert die Annullierung der Gewerkschaftswahl vom 12. bis 14. Februar im VW-Werk in Chattanooga (Tennessee), die mit 626 zu 712 Stimmen knapp verloren ging. Vor und während des Urnengangs hatten konservative Politiker und die Antigewerkschaftslobby massive Konsequenzen für den Fall angekündigt, dass sich die Arbeiter für eine Vertretung durch die UAW entscheiden würden.

»Wir fühlen uns verpflichtet, den VW-Arbeitern bei der Durchsetzung ihres Rechts auf eine faire Wahl ohne Zwang und Störungen zur Seite zu stehen«, so Gewerkschaftschef Bob King in einer am Freitag verbreiteten Erklärung. Man habe es mit einem außergewöhnlichen Maß an Einmischung in die private Entscheidung der Arbeiter zu tun, »wenn ein US-Senator, der Gouverneur und die Mehrheitsführer im Landesparlament dem Unternehmen mit der Verweigerung von Subvention und den Arbeitern mit dem Verlust eines Produkts drohen«.

Im Zentrum der Kritik steht der republikanische Senator Bob Corker. Pünktlich zu Beginn der Wahl hatte er unter Verweis auf ein Telefonat mit einem namentlich nicht genannten VW-Top-Manager behauptet, nachdem die Arbeiter gegen die UAW gestimmt hätten, werde VW den Bau eines neuen SUV in Chattanooga bekanntgeben. Das lokale VW-Management dementierte den Zusammenhang umgehend. Corker, dem beste Verbindungen zur Konzernspitze in Wolfsburg nachgesagt werden, hielt an seiner Aussage fest. »Es ist undenkbar, dass ich so eine Erklärung abgebe, wenn ich nicht sicher wäre, dass sie in jeder Hinsicht 1000 Prozent korrekt ist«, sagte er der »Washington Post«.

Dem SUV wird große Bedeutung für den Standort zugeschrieben. Momentan wird dort nur die US-Version des Passat produziert, der Absatz ist aber rückläufig. »Die klare Botschaft der Kampagne war, dass die Wahl einer Gewerkschaft für das Werk in Chattanooga Stagnation bedeuten würde - kein neues Produkt, keine Arbeitsplatzsicherheit und die Rücknahme der Unterstützung durch die öffentlichen Hand für dessen Ausbau«, heißt es in der UAW-Klageschrift, die »nd« vorliegt.

VW hatte für die Errichtung des Werkes in Chattanooga über 500 Millionen US-Dollar an Subventionen bekommen. Derzeit laufen Verhandlungen über weitere Staatsmittel.

Der Ausgang des nun eingeleiteten Verfahrens ist offen. Grundlage ist das US-weit geltende Gesetz über Arbeitsbeziehungen (NLRA), das die Beziehungen zwischen Arbeitgebern, -nehmern und Gewerkschaften regelt und auch den ordnungsgemäßen Verlauf von Betriebsratswahlen sicherstellen soll. Zu klären ist unter anderem die Frage, ob das erwähnte Gespräch tatsächlich stattfand und ob Corker mit seiner öffentlichen Wiedergabe die Neutralitätspflicht des Unternehmens verletzte.

Welche Blüten die Anti-Gewerkschafts-Debatte in den USA derweil treibt, dokumentiert die jüngste Wortmeldung der Gouverneurin von South Carolina, Nikki Haley: Am Rande des »South Carolina Automotive Summit 2014« ließ sie das Lokalblatt »The Greenville News« wissen: »Weil wir das Wasser nicht vergiften wollen, raten wir allen Unternehmen, die Gewerkschaften haben, davon ab, nach South Carolina zu kommen.« Das betreffe auch die großen US-Autobauer General Motors, Ford und Chrysler. Froh sei man hingegen über gewerkschaftlich nicht organisierte Unternehmen wie BMW, so der Zeitungsbericht.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal