»Zweite Lohnlinie« schlägt zurück
Warnstreiks bei Strabag PFS: Beschäftigte von ehemaliger Immobilientochter der Telekom legen Arbeit nieder
Mehrere hundert Mitarbeiter der Strabag Property and Facility Service GmbH legten am Montag und Dienstag zeitweilig die Arbeit nieder. Wie ver.di mitteilte, lagen die Schwerpunkte der Aktionen in München, Nürnberg und Nordrhein-Westfalen. Die Gewerkschaft fordert eine Lohnerhöhung von 180 Euro monatlich für alle Beschäftigten bei einer Laufzeit von zwölf Monaten.
Das Unternehmen hatte in den ersten beiden Verhandlungsrunden im Gegenzug deutliche Verschlechterungen bei Arbeitszeit und Bereitschaftsdiensten verlangt, sagte ver.di-Verhandlungsführer Peter Praikow gegenüber »nd«. »Das war für uns nicht akzeptabel. Mit einer solchen Strategie ist eine Eskalation vorgezeichnet.« Die Tarifverhandlungen waren vor einer Woche ergebnislos vertagt worden.
2008 hatte der österreichische Baukonzern Strabag die Telekom-Tochter DeTe Immobilien übernommen. Diese war 1996 im Zuge der Postprivatisierung unter der Kohl-Regierung als Verwaltungsgesellschaft für den Grundstücks- und Gebäudebestand gegründet worden. War damals das Beamtenverhältnis noch die Regel, werden mittlerweile »marktgängige« Gehälter gezahlt, berichtet Gewerkschafter Praikow. Das Unternehmen bewirtschaftet bundesweit rund 53 000 Objekte, darunter Bürogebäude und Rechenzentren, Hotels und technische Anlagen wie etwa Mobilfunkstandorte. Der Umsatz liegt bei rund einer Milliarde Euro. Hauptnutzer der verwalteten Gebäude ist die Deutsche Telekom.
Die Strabag PFS gibt ihre Mitarbeiterzahl mit 10 800 an. Tatsächlich ist rund die Hälfte davon bei Tochterfirmen angestellt, für die der jetzt verhandelte Haustarifvertrag nicht gilt. So werden die rund 4000 Beschäftigten der Gebäudereinigungstochter Rimex lediglich nach dem Branchenmindestlohn bezahlt. Aber auch für die Kernbelegschaft gelten unterschiedliche Standards: Im Zuge des Übergangs von der Telekom zur Strabag habe man zwar die Bedingungen der »Altbeschäftigten« weitgehend sichern können, so Praikow. »Wir konnten aber nicht verhindern, dass für Neueinstellungen eine ›zweite Lohnlinie‹ eingezogen wurde.«
Gerade bei den Niedriglöhnern sieht ver.di dringenden Handlungsbedarf. »Deshalb haben wir uns nach einer breiten Diskussion mit unseren Mitgliedern im Unternehmen für eine Festgeldforderung entschieden.« Bei einer Erhöhung aller Entgelte um einen fixen Betrag verringere sich die Lohnspreizung zwischen oberen und unteren Einkommen.
Praikow hofft, dass der Arbeitgeber bei der nächsten Verhandlungsrunde am 6. und 7. März in Königswinter ein »verhandlungsfähiges Angebot« vorlegt. Das Unternehmen schreibe schwarze Zahlen und könne sich am Markt bewegen, wie eine erst im Dezember gewonnene Ausschreibung für einen Großauftrag bei der Commerzbank gezeigt habe.
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