Uribe schafft politisches Comeback

Expräsident und Gegner der Friedensverhandlungen mit der FARC-Guerilla zieht mit starker Fraktion in den Senat

  • David Graaff, Bogotá
  • Lesedauer: 3 Min.
Bei den Kongresswahlen in Kolumbien musste die Mitte-Rechts-Regierung Federn lassen. Eine Mehrheit für die Friedensverhandlungen zwischen Regierung und der FARC-Guerilla bleibt aber erhalten.

Alvaro Uribe ist bei den Kongresswahlen in Kolumbien zurück auf die politische Bühne gestürmt. Aus dem Stand holte die Partei des umstrittenen Expräsidenten, Centro Democrático, am Sonntag 19 der 102 Senatssitze und wird damit im Oberhaus des Andenlandes zur größten Oppositionsfraktion. »Wir haben heute gegen den Castro-Chavismus gewählt, den einige auch in Kolumbien einführen wollen«, sagte Uribe am späten Sonntagabend (Ortszeit) vor jubelnden Anhängern in seiner Heimatstadt Medellín.

Uribes Erfolg beruht nicht nur auf einem massiven, auf ihn persönlich zugeschnittenen Wahlkampf, sondern vor allem auf seiner Ablehnung der von der Regierung Santos begonnenen Friedensgespräche mit der FARC-Guerilla. Mit dem vermeintlichen Schreckensszenario, dass führende FARC-Kommandeure im Falle einer Demobilisierung straffrei ausgehen und Sitze im Kongress erhalten könnten, trifft Uribe bei nicht wenigen Kolumbianern auf Zustimmung. Bei anderen ist er allerdings wegen seiner Verbindungen zu paramilitärischen Gruppen und zahlreichen Korruptionsfällen ebenso umstritten wie sein Gefolge, zu dem unter anderen der Vetter des legendären Drogenbarons Pablo Escobar, José Obdulio Gaviria, gehört.

Eine Enttäuschung ist das Wahlergebnis hingegen für Präsident Juan Manuel Santos und seine Mitte-Rechts-Regierung. Zwar behauptete die liberale Drei-Parteien-Koalition in beiden Kammern ihre Mehrheit, büßte aber teilweise mehr als die Hälfte ihrer Stimmen ein. Das Bündnis, bisher mit einer absoluten Mehrheit ausgestattet, muss nun mit mehr Gegenwind von rechts rechnen. Unklar ist die Rolle der Konservativen Partei, die in der aktuellen Legislaturperiode ebenso Teil der Regierungskoalition der »Nationalen Einheit« war und am Sonntag als drittgrößte Fraktion in den Senat einzog. Intern sind die Konservativen zerstritten. Ein Teil will Santos für dessen angestrebte Wiederwahl im Mai unterstützen und den Friedenskurs mittragen, ein anderer Flügel beharrt auf Abgrenzung zum liberalen Staatsoberhaupt und hat eine eigene Kandidatin durchgesetzt.

Enttäuschend endete der Wahltag für die linken Parteien. Das Linksbündnis »Polo Democrático Alternativo« stellt zwar mit Jorge Robledo erneut den Kandidaten mit den landesweit meisten Stimmen und hob mehrere Akteure sozialer Bewegungen in den Kongress, verlor jedoch insgesamt 5 seiner 13 Kongresssitze. »Unsere Fraktion wird weiter ihre Funktion der politischen Kontrolle ausüben und die Proteste auf der Straße begleiten«, sagte die Präsidentschaftskandidatin des »Polo«, Clara Lopez Obregón. Auch die bürgerlich-progressive »Alianza Verde« konnte kaum Stimmenzuwachs verzeichnen. Die Kandidaten der erstmals wieder zugelassenen Linkspartei »Union Patriótica« schafften den Sprung ins Parlament nicht. »Das Wichtigste ist, dass auch im neuen Kongress eine Mehrheit für den Frieden gesichert ist«, sagte der Soziologe Alfredo Molano dem Nachrichtensender TeleSur. Außer den Uribisten und einzelnen Konservativen hat eine große Mehrheit der Parlamentarier bereits angekündigt, im Fall der Fälle für einen Friedensschluss mit der Guerilla zu votieren.

Insgesamt verlief der Wahltag ohne größere Zwischenfälle. Die Wahlbeteiligung lag bei 42 Prozent.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal