Wasser und Zuckerbergs Wein
Grit Gernhardt über die Scheinheiligkeit des Facebook-Gründers
Öffentlich Wasser predigen und heimlich Wein trinken - das prangerte schon Heinrich Heine an. Im Fall von Facebook-Gründer Mark Zuckerberg, der sich aktuell bei US-Präsident Barack Obama über die Spionagetätigkeit der staatlichen Geheimdienste empörte, müsste man zwar »Wasser« durch »Vertrauen ins Internet« und »Wein trinken« durch »täglich Milliarden Daten von Facebook-Nutzern sammeln und nutzen« ersetzen, aber die Heuchelei bleibt dieselbe.
Zumal Zuckerberg zeitgleich ankündigte, künftig Werbevideos auf den Profilseiten der US-Nutzer zu schalten - eine Offensive, die die Verwertung von Nutzerdaten voraussetzt, denn nur so können werbewillige Firmen die Zielgruppen für ihre Produkte erreichen. Der Netzgemeinde dürfte es grundsätzlich aber egal sein, wer die größere Bedrohung für die Sicherheit im Internet darstellt - die NSA oder Großkonzerne wie Facebook, Google und Co. Die meisten Nutzer haben prinzipiell kein großes Interesse daran, dass ihre Bewegungsprofile automatisch erstellt und ihre Kontaktlisten auf Werbetauglichkeit hin untersucht werden. Davon will Zuckerberg vermutlich nichts hören, schließlich macht er seine Milliarden durch die Verwertung persönlicher Informationen. Insofern kann er der NSA mit Sicherheit sowohl das Wasser als auch den Wein reichen.
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