Teilsieg im Nervenkrieg
Uwe Kalbe zum Verzicht auf weitere Geheimdienstbeobachtung der LINKEN
Der Verzicht auf Beobachtung der Bundestags-LINKEN durch den Verfassungsschutz ist eine überfällige Entscheidung. Ein Grund zum Jubel ist sie freilich allein deshalb nicht, weil sie so hoffnungslos verspätet erfolgt. Anachronistisch empfanden es nicht nur die Bundestagsabgeordneten selbst, zuletzt als größte Oppositionspartei im Bundestag quasi zur Lordsiegelbewahrerin der Demokratie in Deutschland erkoren und gleichzeitig als Gefährderin des Systems beäugt zu sein.
Jubel wäre auch verfehlt, weil geheimdienstliche Beobachtungen als Problem damit nicht erledigt sind, wie die letzten Monate gezeigt haben. Wer weiß, wer außer und womöglich vor Gregor Gysi den Brief des Bundesinnenministers noch alles lesen konnte. Minister gehören bekanntlich selbst zu den Belauschten und Ausgespähten, wenn sie Pech haben.
Eine Geste der Bundesregierung ist der Brief allerdings, das Eingeständnis auch, dass das der Linkspartei zugesprochene Systemgefährdungspotenzial überschätzt war und damit ein Siegel für die erfolgreichen Bemühungen der Partei, ihre Verfassungskonformität unter Beweis zu stellen. Nun bleibt nur noch die Frage, wie sie sich selbst zur Weiterbeobachtung der systemkritischen, angeblich extrem linken Strömungen stellt. Genervt über die Beobachtung oder genervt über die Strömungen?
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