Bayern findet Rechte nicht so schlimm

»Bündnis gegen Naziterror und Rassismus« kritisiert den Verfassungsschutzbericht 2013

  • Rudolf Stumberger, München
  • Lesedauer: 2 Min.
Bayerns Innenminister Hermann hält den Islamismus für »besorgniserregend.« Gestiegenes Gewaltpotenzial in der Neonaziszene sieht er infolge des NSU-Prozesses jedoch nicht.

Auf scharfe Kritik von Seiten des »Bündnisses gegen Naziterror und Rassismus« stößt der am Donnerstag vorgestellte Bayerische Verfassungsschutzbericht von 2013. »Denn trotz aller Beteuerungen, Konsequenzen aus der Mordserie des NSU und der Verstrickung der Behörden gezogen zu haben«, so das Bündnis, verschweige und verharmlose der Verfassungsschutz weiter rechte Gewalt. Als Beispiel wird der Tod eines 34-jährigen kasachischen Staatsbürgers genannt.

Nach dem Bericht ist die Zahl der rechts- und der linksextremistischen Gewalttaten in Bayern »vergleichsweise niedrig«, als »besorgniserregend« bezeichnete Innenminister Joachim Herrmann (CSU) die Entwicklungen im Bereich des Islamismus und des terroristischen Extremismus.

Als Indiz dafür verwies er auf die Ausreisebewegungen gewaltorientierter Salafisten nach Syrien, die weiter stark angestiegen sind: Derzeit lägen Erkenntnisse zu mehr als 290 Islamisten aus Deutschland vor, die ins türkisch-syrische Grenzgebiet ausgereist sind; Ende 2013 seien es noch 240 Personen gewesen. Die Rückkehrer aus Krisenregionen stellten eine potenzielle Gefahr für die Sicherheitslage in Deutschland dar, so Hermann.

Hinsichtlich der rechtsextremistischen Szene sei infolge des NSU-Prozesses ein dauerhaft gestiegenes Gewaltpotenzial aktuell nicht feststellbar, so der bayerische Verfassungsschutzbericht 2013. »66 rechtsextremistische Gewalttaten in Bayern verdeutlichen, dass wir in unseren Anstrengungen gegen Rechtsextremismus nicht nachlassen dürfen, wenngleich Bayern damit nach wie vor zu den drei am wenigsten belasteten Bundesländern gehört«, so der Innenminister. Zum konsequenten Vorgehen gegen Rechtsextremisten gehörten auch vereinsrechtliche Maßnahmen »wo immer sie möglich sind«.

Demgegenüber verwies das Bündnis auf den Fall des 34-Jährigen, der am 19. Juli auf dem »Tänzelfest« in Kaufbeuren von Falk H., einem 36-jährigen mit rechtsradikalen Hintergrund getötet wurde. Vorausgegangen waren rassistische Provokationen. »Dem Verfassungsschutz und dem bayrischen Innenminister ist dieser rassistische Mord jedoch keine gesonderte Erwähnung wert«, so die Kritik des Bündnisses. Wer sich fundierte Informationen über Nazis und rechte Gewalt erwartet, sei beim Verfassungsschutz an der falschen Adresse. »Das bewusste Ausblenden des Mordes in Kaufbeuren ist skandalös«, so Bündnissprecher Peter Meier. Die Verharmlosung rechter Gewalt habe beim Verfassungsschutz Tradition, dies habe sich auch nach dem bekannt werden des NSU und der Verstrickungen der Verfassungsschutzämter »offensichtlich nicht geändert«. Das Bündnis fordert die Abschaffung des Verfassungsschutzes.

Die Zahl linksextremistischer Gewalttaten ist laut Bericht von 99 auf 87 erneut zurückgegangen. Nach wie vor eine bayerische Spezialität bleibt die Beobachtung der Linkspartei im Freistaat: »Innerhalb der Partei DIE LINKE. gibt es mehrere offen extremistische Strukturen, die auf eine Überwindung der freiheitlichen Staats- und Gesellschaftsordnung abzielen.«. Von diesen »offen extremistischen Strukturen« seien in Bayern insbesondere die Kommunistische Plattform, die Antikapitalistische Linke, die Arbeitsgemeinschaft Cuba Sí sowie marx21 aktiv.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal