Erreicht den Hof mit Müh’ und Not: Obamacare

Weißes Haus ist am Stichtag erleichtert - US-Bevölkerung bleibt skeptisch / Republikaner sehen ihre Chance

  • Max Böhnel, New York
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Gesundheitsreform des US-Präsidenten Barack Obama hat vor Ablauf der Anmeldefrist am Montag eine wichtige Hürde übersprungen.

Mit weit über sechs Millionen neu registrierten US-Amerikanern hat »Obamacare« die Zielvorgabe erfüllt, die die Haushaltsabteilung des Kongresses (CBO) gestellt hatte. Die Zahl ist nach dem misslungenen Beginn mit seinen komplizierten Anmeldungen und wochenlangen Ausfällen der Online-Versicherungsmärkte überraschend hoch. Beobachter stellten am Wochenende die Vermutung an, dass sich Hunderttausende erst in den vergangenen Tagen zum Eintritt in die 2010 von Obama und den Demokraten durchgesetzte private Krankenpflichtversicherung entschieden hatten. Vor allem Jüngere und Gesunde sollen sich »Obamacare« in letzter Minute angeschlossen haben. Nach Regierungsangaben besuchten kurz vor Ablauf der Frist täglich bis zu 1,5 Millionen Menschen die Webseite www.healthcare.gov.

Wer den Versicherungsabschluss verweigert, muss zunächst eine Strafgebühr von bis zu einem Prozent des Jahreseinkommens bezahlen. »Obamacare« verpflichtet zum Abschluss einer privaten Krankenversicherung. Die unteren Einkommensschichten erhalten staatliche Zuschüsse für die monatlichen Raten. Zudem wurde durch die Reform in vielen Bundesstaaten das bestehende staatliche Gesundheitsprogramm »Medicaid« für Arme, Kinder und behinderte Menschen erweitert.

Laut CBO werden in diesem Jahr 14 Millionen US-Amerikaner, die bisher ungeschützt waren, eine Krankenversicherung entweder durch private Versicherungen oder durch »Medicaid« erhalten. 2018 soll die Zahl 37 Millionen betragen. Bisher hatte jeder sechste US-Amerikaner, etwa 50 Millionen Menschen, keinen Versicherungsschutz.

»Obamacare« ist gegen die heftige Opposition der konservativen Republikaner in Gesetzesform gegossen worden. Trotzdem wird die Auseinandersetzung darüber weitergehen. Der rechte Senator John Barrasso aus dem Bundesstaat Wyoming behauptete am Sonntag, die veröffentlichten Zahlen seien von der Regierung »erfunden« worden, und fragte: »Wie viel mehr wird das alles kosten?«

Damit deutete Barrasso auf die anstehenden Mittelwahlen im November hin, in denen ein Großteil des Kongresses neu gewählt wird. Wahrscheinlich werden dabei die Republikaner in beiden Kammern Mehrheiten bekommen, die dann dem demokratischen Präsidenten gegenüberstehen. In dieser Konstellation wird Obama gezwungen sein, zuungunsten der sozial Schwachen Abstriche an »Obamacare« zu machen.

Die Republikaner versuchen, die Stimmung gegen »Obamacare« politisch zu nutzen. Umfragen zufolge ist eine knappe Mehrheit der Bevölkerung skeptisch oder ganz dagegen. Die größte Sorge besteht in der Furcht vor einer Erhöhung der Monatsraten und der Zusatzausgaben, die im Krankheitsfall aus eigener Tasche bezahlt werden müssen. Tatsächlich kann eine private Pflichtversicherung für mittlere Einkommen, die keine »Obamacare«-Zuschüsse erhalten, bis zu 900 Dollar pro Monat kosten.

Aus kritischer Sicht ist »Obamacare« auf halber Strecke zur allgemeinen Krankenversicherung stecken geblieben. Einerseits dürfen Versicherungen Kunden wegen Vorerkrankungen nicht mehr abweisen und Millionen erhalten Versicherungsschutz, der allerdings für viele zu teuer ist. Hauptprofiteure sind die privaten Versicherer mit Millionen von Neukunden.

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