Union gratuliert Rechtspopulisten Orbán - viel Kritik

Grünen-Politiker Ströbele nennt Glückwünsche für »Rechtsaußen-Regierung« empörend / Linken-Abgeordneter Liebich: Merkel muss Klartext reden / SPD-Fraktionsvize Schäfer: Fidesz hat »Ungarn gefährlich polarisiert«

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Die Glückwünsche des stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Friedrich, an den rechtspopulistischen Wahlsieger in Ungarn, Viktor Orbán, sind auf Kritik gestoßen. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele nannte es im Kurznachrichtendienst Twitter »empörend«, dass der CSU-Politiker der »Rechtsaußen-Regierung« zur Wiederwahl gratuliert habe. Sein Fraktionskollege Cem Özdemir merkte mit Blick auf die »herzlichen« Glückwünsche aus der Union sarkastisch an: »Wo ist der Kardiologe des Bundestags?« Friedrich hatte zuvor erklärt, Orbán habe »in beeindruckender Weise« abermals »das Vertrauen von weiten Teilen der ungarischen Wählerinnen und Wähler gewinnen können. Damit wird Ungarn weiterhin eine stabile Regierung haben.«

Der Wahlausgang wird dagegen auch beim Koalitionspartner der Union sehr kritisch gesehen. SPD-Fraktionsvize Axel Schäfer sagte, Orbáns Partei Fidesz habe »durch im Alleingang durchgesetzte Verfassungsänderungen keine Wahlniederlage fürchten« müssen und »Ungarn gefährlich polarisiert«. Schäfer verwies darauf, dass Orbán »durch Wahltricks« trotz hoher Verluste von knapp neun Prozent und über 800.000 Wählerstimmen dennoch weiterhin für eine 2/3-Merheit im Parlament reiche. Die Wahrheit aber sei, »nur 30 Prozent der Wahlberechtigten« stünden »noch hinter dem Rechtspopulisten«. Mit seinem »nationalistischen Kult, einer Beschränkung der Judikative und Öffnung gegenüber revanschistischer beziehungsweise rechtsradikaler Kräfte« habe Orbán das Land gefährlich polarisiert.

Der Obmann der Linksfraktion im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags, Stefan Liebich, forderte mit Blick auf den Erfolg von Fidesz und das Wahlergebnis der Rechtsradikalen Jobbik »die weitere Kooperation von Ungarn und der EU« müsse »angesichts der Hetze dieser rechten Parteien gegen Minderheiten, insbesondere auch gegen Juden, Sinti und Roma und einer aktiven Ausgrenzungspolitik ganzer Bevölkerungsgruppen« auf den Prüfstand gestellt werden. Liebich erklärte, er erwarte von Kanzlerin Angela Merkel »klare Worte der Kritik und einen ernsthaften Einsatz für die Einhaltung der EU-Regeln auch im Umgang mit den Menschenrechten«.

Liebich verwies auch auf die Mitgliedschaft von Fidesz in der Europäischen Volkspartei, in der auch die Union Mitglied ist. Merkel müsse »innerhalb dieses Bündnisses Klartext« mit Orbán sprechen. »Eine durch Schweigen stimulierte Toleranz der Menschenrechtsverletzungen in Ungarn stellt die EU als Wertegemeinschaft infrage«, so Liebich. Auch der SPD-Politiker Schäfer sagte, die Fidesz sei als Mitglied der Europäischen Volkspartei »eine unrühmliche christdemokratische Partei«. Der Vorsitzende der EVP, Joseph Daul, sandte unterdessen ebenfalls Glückwünsche an Orbán. Daul sprach von einem »beeindruckenden Wahlsieg«, der möglich geworden sei, weil Orbáns Regierung der Bevölkerung »immer die Wahrheit« gesagt und »mutige Reformen« in Gang gesetzt habe.

Der europapolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Manuel Sarrazin, verlangte, Orbán müsse »verantwortungsvoll mit der nach jetzigem Stand wiedererlangten Zweidrittel-Mehrheit der Mandate umgehen«. Die Grünen erwarteten, »dass die ungarische Regierung in der neuen Amtszeit von Orbán die politische Spaltung des Landes nicht weiter vertieft, sondern die Gesellschaft zusammenführt«. nd

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