Merkel ohne Gastgeschenk

Kurt Stenger über berechtigte Proteste in Griechenland

An diesem Freitag sollen die Griechen schon wieder einen Staatsbesuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel über sich ergehen lassen. Die sprichwörtliche griechische Gastfreundschaft wird sich auch diesmal auf die Vertreter der konservativ-sozialdemokratischen Regierung in Athen beschränken - tausende Griechen werden dagegen auf die Straße gehen, um ihren Unmut über die brutalen Sozialkürzungsmaßnahmen zum Ausdruck zu bringen, welche die Geldgeber aus der EU sowie vom Internationalen Währungsfonds (IWF) als Gegenleistung für die milliardenschweren Kreditpakete verlangen.

Auch wenn die Generalprobe für die Rückkehr an die privaten Kapitalmärkte jetzt glückte - von Normalität ist Griechenland noch sehr weit entfernt. Die Wirtschaft stagniert auf sehr niedrigem Niveau, Arbeitslosigkeit und Armut sind dagegen weiterhin dramatisch hoch. Für eine spürbare Rückführung der exorbitanten Staatsschulden fehlt also die Basis. Die hohen Zinsausgaben verschlingen jene Mittel im Haushalt, die dringend dazu gebraucht würden, die darnieder liegende Wirtschaft anzukurbeln. Die Hoffnung von Kanzlerin Merkel, dass private Investoren dereinst den Euro-Rettungsfonds als Kreditgeber ablösen werden, dürfte Wunschvorstellung bleiben.

Auf Dauer wird kein Weg an einem zweiten Schuldenschnitt vorbeiführen, der dann aber die öffentlichen EU-Gläubiger träfe. Das wäre auch ein überfälliges Gastgeschenk Merkels für die protestierenden Griechen.

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