Zu teuer und nicht schwedisch genug
In Schweden werden ThyssenKrupp Marine und Saab über einen Verkauf der U-Boot-Sparte verhandeln / Neue Industriepolitik zeichnet sich ab
Rüstungsgüter sind Produkte mit nur wenigen Anbietern und schwer kontrollierbaren Preisen. Vor diesem Hintergrund muss der aktuelle Streit zwischen der Marine-Sparte des deutschen Industriekonzerns ThyssenKrupp und dem schwedischen Verteidigungsministerium gesehen werden. Letzteres bestellte 2010 zwei U-Boote der neuen A26-Klasse, doch deren Bau hat noch nicht begonnen.
Entwickelt wurde der Typ im schwedischen Teil des Konzerns, nachdem ThyssenKrupp 2005 die Kokkus-Gruppe mit Werften in Malmö, Karlskrona und Muskö übernommen hatte. Gebaut werden sollten die Schiffe ebenfalls in Schweden, doch das verzögerte sich. Der Konzern wünschte eine Abrechnung entsprechend der laufenden Baukosten, doch das Ministerium bestand auf einem Festpreis. Die Erfahrung mit der Lieferung der neuen Fregatten für die Marine, die am Ende wesentlich teurer wurden als geplant, hat die Regierung vorsichtig werden lassen.
In den letzten Monaten fanden harte Auseinandersetzungen zwischen beiden Partnern statt, die im Februar zur Kündigung des Vertrages seitens des Ministeriums führten. Seitdem warb der schwedische Konzern Saab AB, der auch Rüstungsgüter wie das Jagdflugzeug Gripen herstellt, systematisch Führungskräfte und Ingenieure von ThyssenKrupp ab. Erklärtes Ziel des Konzerns ist es, seine maritimen Kapazitäten zu stärken, um auf einem attraktiven internationalen Markt zu bestehen. Länder wie Norwegen, die Niederlande und Australien müssen demnächst Aufträge erteilen, um ihre Unterwasserkräfte zu erneuern. Bei konventionellen, also nicht-atomgetriebenen U-Booten, sind die schwedischen und deutschen Werften von ThyssenKrupp Marine die wichtigsten Anbieter moderner Waffensysteme.
In der schwedischen Presse wurde ThyssenKrupp schon lange beschuldigt, die damals notleidenden Kokkus-Werften nur übernommen zu haben, um einen unliebsamen Konkurrenten auszuschalten und topmoderne Technologie zu übernehmen. Doch zum Kaufzeitpunkt 2005 sah die schwedische Regierung kein großes Potenzial in diesem Zweig der Rüstungsindustrie. Das hat sich geändert, denn in der Verteidigungspolitik wird U-Booten weltweit wieder hohe Bedeutung zugemessen.
Zudem ist es offizielle Industriepolitik geworden, Entwicklungs- und Baukapazitäten hochtechnologischer Erzeugnisse in schwedischer Hand zu behalten. Saab wurde von schwedischen Politikern mehr oder weniger diskret aufgefordert, Kaufverhandlungen mit ThyssenKrupp zu beginnen. Mit den gekündigten Verträgen in der Hand bleibt dem deutschen Konzern kaum eine andere Möglichkeit, als diesen Weg zu gehen.
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