0:0 - aber keine Nulldiät

Wolfsburg gegenüber Turbine Potsdam mit leichtem Vorteil

  • Stephan Fischer, Potsdam
  • Lesedauer: 3 Min.
Möglich ist nach dem Halbfinalhinspiel in der Frauen-Champions- League nach dem 0:0 zwischen Potsdam und Wolfsburg noch alles. Sonntag ist das Rückspiel.

»Die Ausgangsposition könnte schlechter sein.« Fünf Minuten nach Abpfiff des Halbfinalhinspiels in der Champions League der Frauen zwischen Turbine Potsdam und dem Titelverteidiger VfL Wolfsburg blickte Potsdams Abwehrspielerin Tabea Kemme schon lächelnd auf das Rückspiel am kommenden Sonntag in Wolfsburg. Die Potsdamerinnen konnten beim 0:0 gegen den Titelverteidiger zwar keinen eigenen Treffer erzielen, aber sie kassierten auch keinen, was in der Europokalarithmetik bedeutet: Einem eigenen Tor in Wolfsburg müssten die grün-weißen Triplesieger von 2013 schon zwei Tore in der großen VfL-Arena folgen lassen, um weiterzukommen.

VfL-Trainer Ralf Kellermann zeigte sich nach dem Spiel »ein bisschen enttäuscht: Jetzt haben wir ein Ergebnis, das gefährlich ist, da wir trotz der Vielzahl der Chancen das wichtige Auswärtstor nicht erzielt haben.« Möglichkeiten genug gab es dafür. Potsdams Spielerinnen kämpften in der ersten Halbzeit lange mit ihrer Nervosität. Allein Wolfsburgs Nationalspielerinnen Martina Müller und Alexandra Popp tauchten in der ersten Halbzeit zweimal allein vor Potsdams zunächst etwas unsicher wirkenden Torhüterin Ann-Kathrin Berger auf, vergaben aber jeweils ihre Großchancen.

Die Zufriedenheit von Spielerinnen und Trainer Bernd Schröder, die trotz 90 Minuten permanenter Offensive ohne eigenen Torerfolg blieb, speist sich derzeit aus mehreren Faktoren. Da ist zum einen das auch am Sonnabend immer wieder angesprochene »Wunder von Lyon« vom November: Im Rückspiel des Champions-League-Achtelfinals gewann Potsdam 2:1 in Lyon und zog nach der 0:1-Niederlage im Heimspiel ins Viertelfinale ein. Lyon hatte zuvor seit 2005 kein Heimspiel verloren. Zum zweiten ist es die Sicherheit, die ein jahrelang eingeübtes System unbedingter Offensive bietet: Schnelles Umschaltspiel geht vor eigenen Ballbesitz, den Ball so schnell wie möglich mit langen Diagonalbällen auf die Flügel oder in die Spitze bringen, wo dann drei Angreiferinnen die Verteidigerinnen, die sich noch sortieren müssen, unter Druck setzen können. Diese Schnelligkeit geht auf Kosten der Präzision, viele Pässe der Potsdamer nach vorne fanden ihr Ziel gegen den VfL Wolfsburg nicht. »Das können wir besser«, bewertete auch Kemme die oft fehlende Präzision im Umschaltspiel. An der Spielanlage, bei der Rückpässe streng verboten scheinen, den ersten spielte die Schweizer Nationalspielerin Lia Wälti in der 43. Minute, wird Schröder auch beim Rückspiel festhalten: »Wir werden so wie immer spielen - auch wenn wir mit fliegenden Fahnen untergehen.«

Daran glaubt in Potsdam keiner, auch weil die Turbinen athletisch auf dem Zenit sind, wie Schröder sagte. In den letzten dreißig Minuten gelang es der jungen Mannschaft, den VfL immer weiter in die eigene Hälfte zurückzudrängen und vor allem mit Diagonalpässen auf der rechten Seite die VfL-Abwehr tüchtig unter Druck zu setzen. Auf die Qualität von Lisa Evans mit ihren Flanken aus vollem Lauf setzt Schröder auch beim Spiel um den Finaleinzug. Genau wie auf Lisa Wälti, die der Turbine-Trainer in den letzten Monaten als eine der »absolut positiven Überraschungen der Saison« lobt. Folgerichtig wurde ihr Vertrag zwei Tage vor ihrem 21. Geburtstag am Hinspieltag bis 2016 verlängert. Wälti musste in der 78. Minute nach einem unbeabsichtigten Schlag auf den Kehlkopf durch Nadine Keßler verletzt ausgewechselt werden, war kurz ohnmächtig, kann aber im Rückspiel auflaufen. Im Tor wird wiederum Berger stehen, die ihre anfängliche Unsicherheit überwand und in der 92. Minute einen Schuss der kurz zuvor auf Wolfsburger Seite eingewechselten Ex-Potsdamerin Viola Odebrecht mit einer Glanzparade über die Torlatte lenkte.

»Ein Elfmeterschießen werden wir in Wolfsburg nicht sehen, davon bin ich hundertprozentig überzeugt«, blickt Kellermann aufs Rückspiel. Ein absolut offenes Spiel sehen beide Trainer auf ihre Teams zukommen. Wolfsburg fuhr mit einem »gefährlichen Ergebnis« nach Hause, während Potsdams Stefanie Draws das 0:0 als »gute Ausgangslage« bezeichnete.

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