»Watteballwerfer werden uns nicht helfen«

Ver.di will bei den Betriebswahlen der Charité-Tocher CFM Rückenwind für einen Tarifvertrag einfangen

  • Lesedauer: 3 Min.
Bei der Charité-Tocher CFM, deren Belegschaft im Jahr 2011 stadtweit durch einen zwölfwöchigen Streik bekannt wurde, gibt es immer noch einen tariflosen Zustand. Über diesen Missstand und die im Mai anstehenden Betriebsratswahlen bei dem ausgegliederten Dienstleistungsunternehmen des Klinik- konzerns sprach mit dem ver.di-Betriebsratskandidaten Maik Sosnowsky für »nd« Sascha Stanicic.

nd: Im Mai stehen Betriebsratswahlen bei der Charité-Tochter CFM an. 2011 haben Sie bei der teilprivatisierten und ausgegliederten Dienstleistungstochter des Universitätsklinikums Charité drei Monate für die Einführung eines Tarifvertrags gestreikt. In den Medien war gegen die Geschäftsleitung der Vorwurf erhoben worden, diese habe bei den letzten Betriebsratswahlen unrechtmäßigen Einfluss genommen. Gibt es derzeit wieder Probleme?
Sosnowsky: Wer sagt, eine Betriebsratswahl könne generell ohne Probleme durchgeführt werden, der hat noch nie eine organisiert. Aber in der CFM sind die Probleme immer ein wenig spezieller. So teilte der Arbeitgeber dem Wahlvorstand mit, dass er sich vorbehalten wird, das Entgelt bei einzelnen seiner Mitglieder wegen deren Arbeit im Wahlvorstand zu kürzen. Der Wahlvorstand wandte sich mit diesem Problem dann auch umgehend an die Belegschaft und an die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften. Nur einen Tag später wurde dem Wahlvorstand dann mitgeteilt, dass wohl alles ein großes Missverständnis sei.

Wo drückt denn den Beschäftigten bei der CFM besonders der Schuh?
Das größte Problem ist und bleibt der tariflose Zustand. Klare Regelungen, die das Miteinander von Arbeitnehmer und Arbeitgeber regeln. Für uns als ver.di in der CFM ist es nach wie vor das wichtigste Ziel, die Einkommens- und Arbeitsbedingungen zu verbessern. Wir haben 2011 den Kampf um ein Einkommen zum Auskommen begonnen und dieser ist noch lange nicht zu Ende. Die erste Etappe war die Erzwingung des Mindestlohns von 8,50 Euro.

Hier spart sich die Charité, aber auch der Senat, an den einfachen Menschen gesund. Ohne Zuschüsse vom Jobcenter könnte zum Beispiel ich von dem, was die CFM zahlt, meine Familie nicht durchbringen. Aber neben den Fragen von zum Beispiel Lohn, Urlaub und Zuschlägen sind es die Arbeitsbelastungen für die Kolleginnen und Kollegen, die krank machen und die wir nicht weiter hinnehmen wollen.

Der derzeitige Betriebsratsvorsitzende gehört zur Liste »Frischer Wind«, der eine Arbeitgebernähe nachgesagt wird. Für welche Inhalte stehen die Kandidatinnen und Kandidaten von ver.di?
Die Frage würde ich gern mit einem Wort beantworten: »Solidarität«. Solidarität ist das, was uns als Kolleginnen und Kollegen in der CFM, die sich in Gewerkschaften zusammengeschlossen haben, verbindet. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Kolleginnen und Kollegen eher hinter ver.di oder der gkl berlin stehen, denn uns verbindet in der CFM das gleiche Ziel und eine unverbrüchliche Partnerschaft. In einem Betrieb wie der CFM, dessen Zweck es hauptsächlich ist, Geld für die Charité einzusparen, ist ein starker Betriebsrat überlebenswichtig. Watteballwerfer und die Versendung von wattierten Umschlägen werden unsere Situation nicht verbessern. Sieben Listen treten diesmal zur Wahl an. Hierunter auch wieder der »Frische Wind« und weitere gewerkschaftsferne Listen, die wir extrem kritisch sehen.

Wird der Ausgang der Betriebsratswahlen auch Einfluss auf die Beendigung des immer noch tariflosen Zustands bei der CFM nehmen können?
Der Betriebsrat muss sich zwar aus dem Arbeitskampf raushalten und darf keine Tarifverträge abschließen. Dennoch ist ein guter Betriebsrat nach einem Streik die Rückversicherung, dass Kolleginnen und Kollegen nicht Spießrutenlaufen müssen. Ein gutes Ergebnis bei den Betriebsratswahlen für die Gewerkschaften ist der Rückenwind für eine Tarifbewegung, die dann endlich einen guten Tarifvertrag für die CFM zum Abschluss bringt.

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