Widerworte gegen Erdogan

Roland Etzel zu Gaucks Kritik an der Türkei

  • Roland Etzel
  • Lesedauer: 1 Min.

Im deutsch-türkischen Verhältnis fliegen die Fetzen. Das ist weder neu noch verwunderlich, nur dass es während eines Staatsbesuchs passiert. Es war nicht unbedingt diplomatische Gepflogenheit für ein Staatsoberhaupt, seinen Gastgeber für Missstände im Lande zu rüffeln, so wie es Gauck tat, als er rüden Umgang mit nicht handzahmer Justiz und Polizei, Internetsperren und ähnliche Eigenheiten des türkischen Ministerpräsidenten aufs Korn nahm. Berechtigt waren die Vorwürfe allemal.

Spätestens seit Erdogan am Dienstag zurückkeilte und über eine Einmischung Gaucks in innertürkische Angelegenheiten schimpfte, darf man die (un)diplomatische Kühnheit des deutschen Bundespräsidenten nicht nur als in der Sache richtig bewerten, sondern vielleicht auch als ungewollte Retourkutsche für Erdogans politische Ungezogenheiten auf deutschem Boden. Sein unerlaubter Wahlkampf in Berlin, bei dem er gegen stille Absprachen über die türkische Opposition herzog wie in heimischen Gefilden, blieb trotz diskreter Aufforderung ohne die kleinste Abbitte.

Türkische und kurdische politisch Verfolgte und Flüchtlinge erwarten von Deutschland seit langem ein Ende des Kuschelkurses gegenüber den Auswüchsen Erdoganscher Machtpolitik. Ob Gaucks Worte auch deutsche Regierungsmeinung widerspiegeln, ist noch nicht bewiesen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal