Gotteshaus gestürmt

Scharfe Kritik am Polizeieinsatz am 1. Mai in Plauen

  • Lesedauer: 2 Min.
Im sächsischen Plauen ist es am Donnerstag zu einem brutalen Polizeieinsatz in einer Kirche gekommen. Gegendemonstranten eines Naziaufmarsches hatten sich in dem Gotteshaus aufgehalten.

Plauen. Scharfe Kritik erntet die Polizei für ihr Vorgehen bei Protesten gegen eine Neonazi-Demonstration am 1. Mai im sächsischen Plauen. Vertreter aus Politik und Kirche stoßen sich vor allem am Auftreten der Sicherheitskräfte in und um die evangelische Pauluskirche. Nach Kirchenangaben wurden linksorientierte Demonstranten teilweise gewaltsam aus dem Gotteshaus geholt. Sachsens Landesbischof Jochen Bohl übergab am Freitag in Dresden einen Protestbrief an den sächsischen Innenminister Markus Ulbig (CDU).

In dem Schreiben beschwere sich der Bischof über die Räumung der Pauluskirche, sagte Landeskirchensprecher Matthias Oelke. Bohl zufolge sei es »eine Grenzüberschreitung, die unverhältnismäßig und völlig überzogen ist«.

Das Bündnis »1. Mai - Vogtland nazifrei« hatte nach einer Maikundgebung zum friedlichen Protest gegen einen rechten Aufmarsch aufgerufen. Laut Polizei baute eine Gruppe von rund 200 Linksautonomen vor der Pauluskirche Barrikaden auf und zündete Mülltonnen an. Beamte seien mit Steinen und Flaschen beworfen, ein Demonstrant verletzt worden. Zur Erfassung der Personalien war die Gruppe eingekesselt worden. Die Zwickauer Staatsanwaltschaft ermittelt gegen 393 Personen. Es wurden Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz eingeleitet, wie die Polizei am Freitag in Zwickau mitteilte. Einige der mutmaßlichen Straftäter hätten die Beamten zur Feststellung der Identität aus der Kirche holen müssen.

»Wenn aus dieser friedlichen Demonstration eine teilweise gewaltsame geworden ist, ist das in diesem Fall einzig und allein der sächsischen Polizei und dem Innenministerium anzulasten«, erklärte die Plauener SPD-Stadträtin Juliane Pfeil am Freitag. »Menschen aus der Pauluskirche zu zerren und sie danach regelrecht zu versiegeln, lässt arge Zweifel am Demokratieverständnis der Tillich-Regierung aufkommen.«

Auch die sächsischen Grünen und die SPD kritisierten das Vorgehen scharf. Der sächsische SPD-Fraktionschef Martin Dulig forderte eine schnelle Aufklärung der Vorfälle. »Der Polizeieinsatz an und in der Kirche war völlig unakzeptabel.« So etwas habe es nicht einmal zu DDR-Zeiten gegeben. Volkmar Zschocke, Landesvorstandssprecher von Bündnis 90/Die Grünen, sprach von einem »brutalen Einsatz von Polizisten in der Pauluskirche und das gewaltsame Herunterstoßen von Demonstranten von der Vortreppe der Kirche durch Polizisten«. Agenturen/nd

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