Brise im Latteglas

  • Sarah Liebigt
  • Lesedauer: 2 Min.

Zwischen Schönhauser Allee und Prenzlauer Allee liegt der Helmholtzplatz. Ringsherum sanierte Altbauten, Kopfsteinpflasterstraßen, Restaurants und der obligatorische Späti. Willkommen in Prenzlauer Berg, dem grün-schwarzen Biotop der Mittelklasse mit seinen Bioläden, Bionadebars und Biospielzeugregalen. Soweit das Klischee.

Gerade blubbert dort eine Brise im Latteglas. Der Stadtentwicklungsstadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne) will den Helmholtzkiez zum Sperrgebiet für Autos und stattdessen zum Testgelände für Elektroautos erklären. Ginge es nach ihm, dürfte 2015 vier Wochen lang kein Benzin oder Diesel tankendes Gefährt hier fahren. Allein direkt am Helmholtzplatz parken geschätzt etwa 150 Pkw. Insgesamt wären etwa 3500 Autos und 20 000 Anwohner betroffen, die sollen woanders parken, am Jahn-Sportpark zum Beispiel, 15 Fußminuten entfernt. Spätis, Restaurants, Geschäfte: Sie alle bekommen Lieferungen, in der Regel wöchentlich. Wo sollen die Lkw halten, fragen sich die Unternehmer und Gastronomen. Schickt die DHL dann Elektro-Lieferwagen in den Kiez, damit Anwohner ihre Pakete bekommen? Wie sollen Eltern ihre Kind zur Schule bringen? Ein Taxi rufen, um ins Krankenhaus oder zum Flughafen zu fahren? Nur Taxen mit Hybridantrieb wären erlaubt.

Kirchner scheint das Vorhaben, Berlin zum Vorreiter in Sachen e-Mobility zu machen, aufs Äußerste verinnerlicht zu haben. Jemand sollte ihn indes daran erinnern, dass Fortschritt nicht allein Sache des Verbrauchers ist und schon gar nicht per Zwang durchgesetzt werden kann. Mit Aktionen wie diesen stößt man die Leute nur vor den Kopf.

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