Rauchverbot im Zigarrenland

Eine holländische Prinzessin begründete einst die Tabakkultur von Oranienbaum - eine Ausstellung erinnert daran

  • Petra Buch, Oranienbaum
  • Lesedauer: 3 Min.
Auch Oranienbaum in Sachsen-Anhalt hat nun sein »Tabakcollegium«: Im dortigen Schloss gibt es eine Ausstellung über die Bedeutung des Tabaks für die Region.

Viel wurde bereits über Menschen mit Faible für Zigarren gesagt, doch kaum bekannt ist aber, dass eine Frau, die holländische Prinzessin Henriette Catharina (1637-1708) aus dem berühmten Hause Oranien-Nassau, beim Anbau von Tabak Geschichte in Deutschland geschrieben hat. Mehr darüber seit April in der neuen Dauerausstellung unter dem Motto »Tabakcollegium« im Schloss Oranienbaum (Sachsen-Anhalt) zu erfahren.

Die rund 1000 Exponate - von Werkzeugen über Raucherutensilien bis zu Tabakblättern - in sieben Räumen wurden überwiegend von Sammlern zusammengetragen. Fündig wurden sie auf Dachböden oder in ehemaligen Arbeitsstätten in und um Oranienbaum, das im Dessau-Wörlitzer Gartenreich liegt. Schloss Oranienbaum und die gleichnamige Kleinstadt mit rund 3000 Einwohnern werden in Sachsen-Anhalt auch liebevoll ein kleines Stück Holland genannt.

Die Tradition des »Tabakcollegiums« wurde insbesondere am preußischen Hof unter König Friedrich Wilhelm I. (1688-1740) gepflegt, heißt es zum historischen Hintergrund der neuen Schau. »Bei diesen manchmal auch berühmt-berüchtigten Treffs wurde viel debattiert und geraucht«, sagt Wolfgang Savelsberg von der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz.

In Oranienbaum habe es noch Anfang des 20. Jahrhunderts rund 70 Tabakproduktionsstätten mit 1000 Beschäftigten, meist Frauen, gegeben, erzählt der Chef des örtlichen Geschichtsvereins Agora e.V., Thomas König. »Einen Rolltisch für Zigarren hatte hier fast jeder Zuhause«, sagt er über die mühevolle Heimarbeit.

800 bis 1000 Zigarren am Tag habe eine Arbeiterin in Oranienbaum hergestellt, erzählt Nichtraucher König. 1968 wurde die letzte Tabakfabrik in der Stadt geschlossen. Die rund 30 Vereinsmitglieder haben sich der Pflege der Geschichte verschrieben. In einem nachgebauten Werkstattraum in der Ausstellung streicht Hobby-Historiker König behutsam über historische Gerätschaften wie eine Presse mit etlichen Holzkästen für Zigarrenrohlinge. Klangvolle Namen, »Weißer Traum« oder »Schwarze Delfin«, zieren Zigarrenkisten. Die Gestalter der Schau setzten zudem historische Pfeifen, bunte Bauchbinden von Zigarren, Gefäße und Bilder modern in Szene. »Wir wollten hier eine Atmosphäre schaffen, die nicht museal ist, sondern vor allem die eines Sammlers«, sagt Savelsberg und macht es sich mit einem Buch in einem Ledersessel bequem. Rauchen ist im Schloss aber verboten, wie der promovierte Kunst- und Geschichtsexperte betont.

»Die Tabakkultur hat in Oranienbaum mit Prinzessin Henriette begonnen, indem sie 1693 hier im damaligen Fürstentum Anhalt dem ersten Bauern das Privileg zum Tabakanbau erteilte«, erzählt Savelsberg. Der sandige Boden habe dies begünstigt. Henriette soll nicht geraucht haben. Der Tabakanbau sei zu ihrer Zeit ein sehr gewinnträchtiger Wirtschaftszweig in Holland gewesen.

Die langjährigen Verbindungen zu den Niederlanden seien für Oranienbaum auch künftig außerordentlich wichtig, sagt Savelsberg zur Arbeit der Kulturstiftung. Die Niederlande unterstützten den Beginn der Restaurierungsarbeiten des Schlosses in den 1990er Jahren mit einer Million Gulden. dpa/nd

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