Das lautlose Auge der Polizei

Behörde demonstriert Einsatz von Drohne - und versichert, dass sie nicht für Demonstrationen eingesetzt wird

  • Guido Speckmann
  • Lesedauer: 3 Min.
Drohnen - das klingt gefährlich, nach Krieg und gezielten Tötungen. Deshalb nennt die Berliner Polizei ihre Minidrohne zur Beweismittelfotografie lieber UAS Pol (Unmanned Aircraft System).

Es wirkt ein wenig, als wenn ein großer Junge mit einem ferngesteuerten Auto spielt. Nur ist die Fernbedienung größer. Und mit ihr steuert Tatortfotograf Dirk Sattler vom Landeskriminalamt (LKA) Berlin am Montagmorgen auf dem Polizeigelände in der Kruppstraße in Moabit kein Auto, sondern die einzige Berliner Polizeidrohne. Anlass der Vorführung vor zahlreich Pressevertretern ist nicht etwa die Präsentation eines neuen unbemannten Flugobjektes. Vielmehr reagiert die Polizei auf Bitten, über den Einsatz der sogenannten Drohne, die bereits seit 2009 in Berlin eingesetzt wird, berichten zu können.

Dies und der Umstand, dass die Polizei die »Drohne« lieber nicht so nennen möchte, drückt das Imageproblem aus, das die Flugkörper haben. Denn sie werden mit »Drohnenkrieg«, »gezielten Tötungen« und »Überwachung« in Verbindung gebracht. Das sieht auch Polizeisprecher Thomas Neuendorf so, als er von einer Pressekollegin auf die Vorbehalte unter Bürgern auf den Einsatz von polizeilichen Drohnen angesprochen wird. »Es gibt eine Angst vor Drohnen, weil sie unbemerkt arbeiten«, räumt Neuendorf ein.

In Berlin jedoch ist der Einsatz der UAS Pol, die zur Beweismittelfotografie und zur Dokumentation eingesetzt wird, an strenge Vorschriften geknüpft. Jeder Einsatz muss vorher bei der Flughafensicherung in Tegel angemeldet werden. Es gelten, so erläutert LKA-Leiterin Anette Schmedding, Betriebsbestimmungen. So dürfe nicht über Menschen geflogen werden. Ein Einsatzort wird dementsprechend vorher abgesperrt. Ausdrücklich wurde auch ein Einsatz bei Demonstrationen ausgeschlossen. »Sie wird definitiv nicht für Demos eingesetzt«, sagt Neuendorf. Schmedding verneint ebenso einen Einsatz zu Fahndungszwecken. »Das schließe ich vollkommen aus - wir fliegen nicht zur Aufklärung«, sagt sie.

Einen typischen Einsatz der 45 000 Euro teuren UAS Pol kann man sich derart vorstellen: Es wird eine Leiche in einem Wald gefunden. Weil das Gelände unwegsam ist, wird mit Hilfe der Drohne der Tatort fotografiert. Von den Bildern, die auf einen Chip oder auf CD gespeichert werden, erhofft sich die Polizei beispielsweise Erkenntnisse über mögliche Fluchtwege. Die Bilder werden dem Gericht zur Verfügung gestellt. Neben Kapital- und Umweltdelikten findet der Flugkörper auch bei Verkehrsdelikten Anwendung. So können mit den Bildern Entfernungen und Bremsspuren besser erkannt und vermessen werden. In Berlin komme es zu ein bis zwei Einsätzen im Monat, erläutert Schmedding. Vorteil der Drohne sei, dass sie leiser als ein Polizeihubschrauber und günstiger sei.

Ob und wie fliegenden Kameras in Deutschland eingesetzt werden, ist Sache der Bundesländer. Sechs der 16 Länder setzen derzeit Aufklärungsdrohnen ein - allerdings zu unterschiedlichen Bedingungen. Klar ist, dass ihr Einsatz aus Persönlichkeits- und datenrechtlichen Gründen umstritten ist. Anders als in Berlin setzen Polizisten im Bundesland Sachsen Drohnen auch bei Demonstrationen oder Fußballspielen ein. In Niedersachsen ist sie bei Protesten gegen einen Castor-Transport 2010 zum Einsatz gekommen; inzwischen soll das jedoch bei Versammlungen unterbleiben. In Rheinland-Pfalz gab es dem Innenministerium zufolge bis dato drei Einsätze. Zwei Mal seien Geräte aus Hessen ausgeliehen, bei der Suche nach einer vermissten Person sei zudem eine private Drohne angefordert worden.

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