Im Regelfall kein separater Antrag nötig - die Auszahlung wird sich aber verspäten

Leserfragen zur Mütterrente ab 1. Juli 2014

  • Lesedauer: 2 Min.
Wiederholt erreichen den nd-ratgeber Anfragen vor allem von Leserinnen zur Mütterrente, die am 1. Juli 2014 in Kraft tritt. Nachfolgend dazu einige Fragen & Antworten.

Worauf zielt die Mütterente genau ab?

Es geht bei dem Gesetz über die sogenannte Mütterrente darum: Für Kinder, die vor 1992 geboren wurden, wird bislang ein Jahr Kindererziehungszeit bei der Rente berücksichtigt. Vom 1. Juli 2014 an soll für alle Mütter oder Väter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, ein zusätzliches Jahr angerechnet werden.

Ab 1. Juli 2014 in Kraft: Das neue Rentenpaket im Überblick

Das Rentenpaket der Regierungskoalition wurde vorige Woche mehrheitlich im Bundestag beschlossen (nd berichtete). Es tritt zum 1. Juli 2014 in Kraft.

Die Milliarden-Mehrbelastungen bleiben aber nicht ohne Auswirkung auf den Rentenbeitragssatz - und damit nicht ohne Auswirkung auf die Beiträge der Arbeiternehmer und Arbeitgeber. Zwar soll der aktuelle Beitragssatz von 18,9 Prozent zunächst bis 2018 stabil bleiben.

Aber 2019 werden es voraussichtlich schon 19,7 Prozent sein - statt wie bislang angenommen 19,1 Prozent. 2025 sind es nach neuer Rechnung dann 20,8 Prozent. Nach früherer Prognose sollte der Rentenbeitrag zu jenem Zeitpunkt erst bei 20,3 Prozent liegen.

Abschlagsfreie Rente ab 63

Langjährig Beschäftigte sollen bereits mit 63 Jahren in Rente gehen können, ohne Abschläge in Kauf nehmen zu müssen. Voraussetzung ist allerdings, dass 45 Beitragsjahre nachgewiesen werden. Angerechnet werden sollen dabei Bezugszeiten des heutigen Arbeitslosengeldes I. Arbeitslosenzeiten werden aber nur bis zwei Jahre vor Erreichen des Frühverrentungsalters berücksichtigt. Die Ausnahme: Wird die Arbeitslosigkeit durch Insolvenz oder Betriebsstilllegung verursacht, wird der ALG-I-Bezug voll angerechnet.

Zu den 45 Beitragsjahren zählen auch Zeiten von Kurzzeitarbeitslosigkeit, Zeiten der Kindererziehung, der Pflege von Familienangehörigen und Zeiten mit Bezug von Insolvenzgeld.

Die vorzeitige Altersrente für langjährig Versicherte mit 63 Jahren gilt nur für die Geburtsjahrgänge Mitte 1951 und 1952. Wer 1953 oder später geboren ist, darf erst jeweils zwei Monate später als mit 63 in Rente gehen. Die Geburtsjahrgänge 1964 oder danach können - auch mit 45 Beitragsjahren - frühestens mit 65 ohne Abschläge in Ruhestand gehen.

Ein Beispiel: Wer 1961 geboren ist, 45 Jahre lang gearbeitet und Beiträge bezahlt hat und sich Hoffnung auf eine abschlagfreie Rente mit 63 gemacht hat, wird enttäuscht sein: Er oder sie muss bis 64 Jahre und sechs Monate - also eineinhalb Jahre länger - im Job bleiben, um ohne Abschlag in Rente gehen zu können.

Neu ist die Möglichkeit freiwillig Versicherter, die Rente ab 63 in Anspruch zu nehmen. Voraussetzung ist, dass durch Pflicht- und Freiwilligenversicherung 45 Jahre zustande kommen. Auch hier gilt die zweijährige Sperrzeit vor dem Renteneintritt.

Flexibler Renteneintritt

Im Gesetz wurde auch die Möglichkeit für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen aufgenommen, über das Rentenalter hinaus zu arbeiten. Sie können dafür mit ihrem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung vereinbaren, bei Bedarf auch mehrmals. Dies muss aber vor dem Renteneintritt vereinbart werden.

Weitere Einzelheiten der künftigen Flexirente soll eine Arbeitsgruppe der Regierungskoaltion erörtern. Bei der bereits bestehenden Teilrente sollen die Hinzuverdienstmöglichkeiten verbessert werden.

Mütterrente

Die Mütterrente betrifft insgesamt das rund 9,5 Millionen Frauen. Sie sollen für Kinder, die vor 1992 geboren wurden, eine höhere Rente bekommen. Um die Erziehungsleistung zu würdigen, bekommen sie einen zusätzlichen Entgeltpunkt angerechnet. Das entspricht durch die ab 1. Juli 2014 wirksam werdende Rentenerhöhung einem Plus von 26,39 Euro in den neuen und von 28,61 Euro in den alten Bundesländern. In Einzelfällen profitieren von der Mütterente auch Väter.

Erwerbsminderungsrente

Bei der Erwerbsminderungsrente wird künftig eine theoretische Arbeitszeit bis zum vollendeten 62. statt wie bisher bis zum 60. Lebensjahr zugrunde gelegt. Erwerbsgeminderte werden dadurch so gestellt, als ob sie mit ihrem bisherigen durchschnittlichen Einkommen zwei Jahre länger weitergearbeitet hätten. Das macht ein Plus von etwa 40 Euro monatlich aus. Von dieser Regelung werden nur künftige Neurentner profitieren.

Rehabilitation

Da in einer älter werdenden Gesellschaft immer mehr Menschen Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation in Anspruch nehmen müssen, wird das Budget dafür um 1,3 Milliarden Euro bis 2020 erhöht. Agenturen/nd

 

Muss für Bezug der höheren Mütterrente ein eigener Antrag gestellt werden?

Nein, in der Regel ist kein eigener Antrag erforderlich. Jeder Berechtigte, der bereits eine Rente bezieht, wird die Mütterrente automatisch erhalten, so die Auskunft der Deutschen Rentenversicherung. Nur wer bislang noch keine Erziehungszeiten für Kinder geltend gemacht hat, die vor 1992 geboren wurden, sollte dies tun. Ein entsprechendes Formular gibt es kostenlos bei der Rentenversicherung.

Die Deutsche Rentenversicherung stellt in diesem Zusammenhang klar: Kostenpflichtige Anträge oder Beratungen, wie sie derzeit vor allem im Internet kursierten, sollten dagegen nicht genutzt werden. »Blanko-Anträge, die seit einiger Zeit dazu in einigen Regionen kursieren, sind nicht seriös«, erklärte das Bundesarbeitsministerium. Wenn zudem noch ein Honorar für eine Beratung oder Hilfe beim Ausfüllen verlangt werde, seien Betrüger am Werk.

Ist damit zu rechnen, dass die Mütterente pünktlich zum 1. Juli 2014 ausgezahlt wird?

Die Deutsche Rentenversicherung wird nach eigenem Bekunden die höhere Mütterrente nicht für alle 9,5 Millionen Empfänger pünktlich zum 1. Juli 2014 auszahlen können. Man brauche zumindest bis zum Jahresende, um die Zahlungen auf den Weg zu bringen, so die aktuelle Auskunft. Für Neurentner soll die Auszahlung aber termingemäß gesichert sein. joh

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