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Tagesbetreuung ist eine gute Alternative

Fragen & Antworten rund um die Pflege

  • Lesedauer: 5 Min.
Die Pflege von Bedürftigen ist ein Thema, zu dem uns immer wieder Fragen erreichen. Heute weitere Fragen & Antworten rund um die Pflege, Pflegestufe, Pflegegeld, Arbeitsverhältnis.

Seit sechs Jahren pflege ich meinen an Parkinson erkrankten Mann. Er hat die Pflegestufe II und erhält im Monat 440 Euro Pflegegeld. Jetzt habe ich ein Angebot bekommen, als Bürokraft für ein Jahr befristet zu arbeiten. Das Angebot möchte ich annehmen. Mein Mann rät mir zu und würde die Zeit meiner Abwesenheit in einer Tagespflegeeinrichtung verbringen. Was ist für diese Pflegevariante zu tun?
Barbara M., Rostock

44 Prozent der Pflegebedürftigen leben allein

Die meisten Deutschen wollen in den eigenen vier Wänden altern und gepflegt werden. Aber die Grenzen häuslicher Pflege werden immer dann deutlich, wenn verschiedene Risikofaktoren wie ausgeprägte Pflegebedürftigkeit, soziale Isolation oder geringes Einkommen zusammenkommen.

  • Davon sind alleinlebende Pflegebedürftige besonders betroffen, wie eine Studie der Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) von mehr als 20 000 Personen in fast 13 000 Haushalten zeigt.
  • 44 Prozent der Pflegebedürftigen leben allein, 42 Prozent in einem Zweipersonenhaushalt und lediglich 14 Prozent in Haushalten mit mindestens drei Personen. Dabei gibt fast jeder fünfte alleinlebende Pflegebedürftige an, keine Vertrauensperson zu haben.
  • Alleinlebende Pflegebedürftige sind auch finanziell am stärksten durch Pflege belastet. Mehr als die Hälfte muss monatlich durchschnittlich 400 Euro aufwenden, während größere Haushalte mit rund 230 Euro deutlich weniger Geld für die Pflege aufbringen müssen.
  • Insgesamt betrachtet verwendet etwa die Hälfte aller Pflegehaushalte in Deutschland durchschnittlich 20 Prozent des Nettohaushaltseinkommens, um die Pflege zu Hause organisieren zu können.
  • Fast jeder fünfte Pflegebedürftige kann seinen Lebensstandard nicht aufrechterhalten und den Alltag nicht den eigenen Vorstellungen entsprechend gestalten.
  • Wie und von wem eine Person gepflegt wird, hängt in hohem Maße von der Familie, der Haushaltskonstellation und der Qualität des informellen Netzwerkes aus Freunden, Nachbarn und weiteren Bezugspersonen ab. In der Gesamtschau werden 60 Prozent der Pflegebedürftigen ausschließlich in ihrem sozialen Umfeld gepflegt, während 10 Prozent gänzlich von professionellen Diensten versorgt werden.
  • Während von den Alleinlebenden 46 Prozent ausschließlich informell gepflegt werden, trifft dies bereits auf 73 Prozent der Zweipersonenhaushalte und 88 Prozent der Haushalte mit mindestens drei Personen zu. Umgekehrt kombinieren 55 Prozent der Alleinlebenden informelle mit formeller Hilfe oder verlassen sich vollständig auf formelle Pflege, während dies nur auf 27 Prozent der Zweipersonenhaushalte und 12 Prozent der Mehrpersonenhaushalte zutrifft. ZOP/nd

 

Es bietet sich an, vorab eine kostenfreie und anbieterneutrale Pflegeberatung, die jedem per Gesetz zusteht, zu nutzen. Diese erhält man beispielsweise von Fachleuten der eigenen gesetzlichen Pflegekasse oder der Pflegestützpunkte. Für privat Pflegeversicherte ist die bundesweite Compass-Pflegeberatung zuständig (erreichbar unter der gebührenfreien Rufnummer 0800 101 88 00). Die Telefonberatung ist auch für gesetzlich Versicherte kostenlos möglich.

Dabei erfährt man nicht nur, wo sich Tagespflegeeinrichtungen in Wohnortnähe befinden, man erhält auch Hilfe bei der Bewältigung der Formalitäten. Den Antrag auf Tagespflege stellt Herr M. bei seiner Pflegekasse.

Die pflegebedingten Aufwendungen und die Kosten der sozialen Betreuung in der Tageseinrichtung werden durch die Pflegekasse bis zu einer bestimmten Höhe übernommen. Auch die notwendige Beförderung von Herrn M. von der Wohnung zur Tagespflegeeinrichtung und zurück zählt dazu. Insgesamt zahlt die Pflegekasse bei Stufe I bis zu 420 Euro, bei Stufe II bis zu 980 Euro und bei Stufe III bis zu 1550 Euro monatlich.

Wenn ein Pflegebedürftiger weder genügend Rente noch Vermögen hat, um das Geld für die Tagespflegeeinrichtung aufzubringen, kann das Sozialamt die Restkosten übernehmen. Das wird im Einzelfall geprüft, und der Antragsteller hat dabei seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse offenzulegen.

Doch auch, wenn das Sozialamt den Rest übernimmt, müssen Nutzer einer Tagespflegeeinrichtung in der Regel einen gewissen Eigenanteil zahlen. Die Höhe dieses Eigenanteils wird ebenfalls individuell berechnet.

Anträge auf Hilfeleistungen in Tagespflegeeinrichtungen stellt man beim Sozialamt. Das Amt springt zwar zunächst ein, muss aber prüfen, ob und inwieweit Unterhaltspflichtige ersten Grades, das sind meistens die Kinder der pflegebedürftigen Person, die Kosten übernehmen müssen. Christina Fischer

Ich habe in meinem Bekanntenkreis eine pflegebedürftige Frau, die jedoch Hilfe ablehnt und auch keine Pflegestufe beantragen möchte. Ich weiß nicht recht, in welcher Weise ich der Frau helfen kann.
Waltraud H., Berlin

Es gibt viele Menschen, die keine Pflegestufe beantragen, obwohl sie durchaus Leistungen bekommen könnten. »Die Gründe sind nach unserer Erfahrung sehr vielfältig«, antwortet Sylke Wetstein von der Compass Pflegeberatung. »Manche wollen grundsätzlich keinen Fremden ins Haus lassen. Anderen fällt es schwer, sich einzugestehen, dass sie ohne Hilfe nicht mehr zurecht kommen. Nicht selten ist auch zu hören, dass die Familie die Situation schon allein bewältigen kann.«

Dabei wird oft unterschätzt, dass »die Familie« in der Praxis dann meist nur eine Person ist, die sich um den Pflegebedürftigen kümmert. Abgesehen davon, dass ein pflegender Angehöriger keine Pflege-Fachkraft ist - er wird früher oder später an seine physischen und psychischen Grenzen stoßen.

Was ist also in einem solchen Fall zu raten? »Oft kann die Angst vor der Begutachtung oder den Formalitäten genommen werden, wenn das Gespräch der Familie mit dem Pflegebedürftigen von einem unabhängigen Fachberater moderiert wird«, sagt Sylke Wetstein aus Erfahrung. »Auf eine solche kostenfreie Beratung hat jeder Pflegeversicherte einen gesetzlichen Anspruch. Idealerweise solle das Gespräch zu Hause stattfinden. Denn dabei können auch Hinweise gegeben werden, wie die Wohnung der gesundheitlichen Situation des Betroffenen angepasst werden kann.«

Gesetzlich Versicherte wenden sich für eine Terminvereinbarung an ihre Pflegekasse. Selbstverständlich kann auch in einem Pflegestützpunkt ein erstes Gespräch - in einem neutralen Raum - stattfinden.

Uwe Strachovsky

Pflegende Angehörige können sich bekanntlich eine Auszeit gönnen. Nun möchte ich gern wissen: Worin liegt der Unterschied zwischen der Verhinderungs- und der Kurzzeitpflege?
Werner S., Suhl

Die meisten Pflegebedürftigen werden allein durch Angehörige versorgt. In bestimmten Situationen müssen jedoch andere Personen vorübergehend die Pflege und die Betreuung übernehmen. Für zwei Varianten übernimmt die Pflegekasse zumindest teilweise die Kosten: Für die Verhinderungs- und die Kurzzeitpflege.

Die Verhinderungspflege kann genutzt werden, wenn der pflegende Angehörige stunden- oder tageweise nicht zur Verfügung steht. Dabei kann es sich um private Termine, wie etwa einen Arztbesuch oder die Teilnahme an einer Veranstaltung, handeln. Es kann aber auch ein längerer Urlaub sein. Die Verhinderungspflege können andere Angehörige, Bekannte oder ambulante Pflegedienste übernehmen.

Bevor man sich entscheidet, sollte bei einer Pflegeberatung gemeinsam mit dem Betroffenen über die Details gesprochen werden. Denn zum einen muss der Pflegebedürftige die »Ersatzpflegekraft« akzeptieren. Zum anderen gibt es enorme Unterschiede bei der Kostenerstattung durch die Pflegekasse - je nachdem, ob ein ambulanter Dienst, ein ferner oder ein naher Verwandter einspringt. Die Pflegekassen zahlen für maximal 28 Tage Verhinderungspflege bis zu 1550 Euro pro Jahr.

Im Unterschied zur Verhinderungspflege ist die Kurzzeitpflege für Situationen gedacht, in denen eine vorübergehende vollstationäre Betreuung notwendig ist. Das kann beispielsweise nach einer Klinikbehandlung erforderlich sein, wenn zu Hause für den Pflegebedürftigen noch nicht alles vorbereitet ist - etwa, wenn das Pflegebett erst später geliefert wird.

Auch hier ist eine Pflegeberatung empfehlenswert, schon, um eine geeignete Einrichtung zu finden. Für maximal 28 Tage Kurzzeitpflege stehen ebenfalls bis zu 1550 Euro pro Jahr für die pflegebedingten Aufwendungen der Einrichtung zur Verfügung.

Die Regelungen zur Verhinderungs- oder Kurzzeitpflege können in den Paragrafen 39 beziehungsweise 42 im Sozialgesetzbuch XI nachgelesen werden.

Uwe Strachovsky

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