Weiter, immer weiter

Stephan Fischer sucht schon jetzt Ersatzspiele für die Nach-WM-Zeit

  • Lesedauer: 2 Min.

Drei Spiele hat diese WM noch zu bieten, dann ist sie vorbei. Die Rückkehr in den fußballlosen Alltag wird mir schwerfallen: Keine freudige Überraschung mehr, wenn im Fernsehen einmal ein Werbespot gesendet wird, der nicht einen noch so weit hergeholten Fußballbezug hat. Kein Planschen mehr mit Kathrin Müller-Hohenstein im deutschen Camp samt kritischster Nachfragen an Lukas Podolski. Auch wird mir das medientheoretisch höchst interessante Schauspiel auf den Bildschirmen fehlen, wenn Reporter in Brasilien ihren Zuschauern in Deutschland erzählen, was in Deutschland in den Zeitungen über die Spiele und das Drumherum in Brasilien steht.

Aber es gibt tatsächlich Schlimmeres als dass der Bildschirm nach der WM wieder schwarz bleibt. Was mir wirklich fehlen wird, sind der hektische Blick ins Internet, sobald die Spiele begonnen haben, das blitzschnelle Rechnen im Kopf, das freudig-erregte Juchzen oder das verärgerte »Ich hab’s doch gewusst!«-Stöhnen, obwohl auf dem Spielfeld gerade überhaupt nichts passiert. Die Rede ist von den Tippspielen bei der WM. Durch sie bekommt jedes Spiel einen ganz eigenen Reiz: Wie hat der Freund oder Stadionnachbar Costa Rica gegen Uruguay getippt? Auch tipptheoretisch höchst interessante Erwägungen spielen jeweils eine Rolle. Tippe ich nach Sympathie oder wäge ich kalt ab: Verlieren meine Lieblinge, habe ich wenigstens richtig getippt? Ist das noch wirkliche, wenn auch halbierte Freude oder einfach nur halbgares Durchlavieren?

All dies wird Montagmorgen schlagartig vorbei sein, die vielen Tipprunden lösen sich in Luft auf, die EM 2016 in Frankreich ist noch so weit weg wie plötzlich der Pool im Campo Bahia der deutschen Nationalmannschaft. Um die Zeit bis dahin zu überbrücken, starte ich mein ganz privates Tippspiel: Aus welchem Land lesen mir deutsche Reporter als nächstes deutsche Zeitungen über die Lage im Land vor?

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