Braunkohle verpestet auch Berliner Luft

Der Senat könnte den Tagebau Welzow Süd II verhindern, sagt ein Gutachten des BUND

  • Rainer Balcerowiak
  • Lesedauer: 3 Min.
Laut dem gemeinsamen Landesplanungsvertrag mit Brandenburg könnte Berlin Einfluss nehmen auf die Erweiterung des Tagebaus Welzow Süd II. Der BUND hat dazu ein Gutachten vorgelegt.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) gibt sich in Sachen Braunkohleabbau in Brandenburg noch nicht geschlagen. Obwohl die Landesregierung am 3. Juni eine entsprechende Rechtsverordnung für das Gebiet Welzow Süd II verabschiedet hatte, sieht die Organisation noch Möglichkeiten, die Entscheidung zu kippen.

Am Mittwoch legte der BUND in Berlin ein juristisches Gutachten vor, in dem besonders die Frage der Einflussmöglichkeiten des Berliner Senats untersucht wird. Der renommierte Umweltjurist Dirk Teßmer kommt darin zu dem Ergebnis, dass der zwischen den beiden Ländern abgeschlossene Landesplanungsvertrag (LPlV) sowie das gemeinsame Landesentwicklungsprogramm (LEP) durchaus eine Handhabe bieten, um gegen die Pläne zur Abbaggerung mehrerer Dörfer auch jetzt noch vorzugehen.

So enthielten die Abmachungen zwischen Berlin und Brandenburg »höherrangige Vorgaben der Landesplanung und eine Vielzahl von Beachtenspflichten in Bezug auf den Schutz der Umwelt, der natürlichen Ressourcen, des Bodens, des Wassers, des Klimas und der Landwirtschaft, die mit der Durchführung eines großflächigen Braunkohlentagesbaus mit den dadurch verursachten Umwelteinwirkungen im Konflikt stehen«. Die Umweltauswirkungen des Braunkohletagebaus und der Kohleverstromung wirkten auch unmittelbar auf das Stadtgebiet von Berlin und die Lebensbedingungen seiner Einwohner ein, so Teßmer. Dies betreffe unter anderem die bergbaubedingten Schadstoffeinträge in die Spree und die Feinstaubimmissionen. Daher »bestand und besteht mithin eine Obliegenheit des Senats, auf eine Beachtung dieser Belange im Rahmen der Braunkohlenplanung hinzuwirken und bei ungenügender Bewältigung der Problematiken einer Beschlussfassung über den Braunkohlenplan entgegenzutreten« heißt es in dem Gutachten.

Auf einer Landesplanungskonferenz hätte Berlin jedenfalls auf Grundlage der geltenden Verträge nach Einschätzung von Teßmer die Möglichkeit gehabt, den Erlass der Verordnung über den Braunkohleplan für Welzow Süd II zu verhindern, was aber nicht geschehen sei. Aber auch jetzt noch könnte der Regierende Bürgermeister eine derartige Konferenz einberufen, um eine Änderung oder die Aufhebung der Verordnung über den Braunkohleplan zu thematisieren, sowie - zur vorläufigen Sicherung des Status quo - die Unterlassung der zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht erfolgten Veröffentlichung der Verordnung zu erwirken. Ferner habe Berlin die Möglichkeit, im Rahmen der ohnehin erforderlichen Neufassung des Landesentwicklungsplanes festschreiben zu lassen, dass keine Planung eines Braunkohlentagebaus stattfindet, die erhebliche negative Auswirkungen auf Berlin haben würde.

Der Landesgeschäftsführer des BUND in Brandenburg, Axel Kruschat, verwies besonders auf die absehbare Belastung der Wasserqualität in Berlin durch den weiteren Braunkohleabbau. Schon jetzt seien in einigen Wasserwerken südlich der Hauptstadt starke Sulfat-Belastungen nachgewiesen. Und Christine Kühnel, Sprecherin des BUND für Klima und Energie, verwies auf die Klimaschutzziele, die der Berliner Senat vereinbart hat. Diese würden bei einer Fortsetzung der intensiven Kohleverstromung in Brandenburg meilenweit verfehlt werden. Argumente für ein beherztes Vorgehen des Senats gegen die Braunkohlepläne des Nachbarlandes gibt es also genug. Und vertraglich fixierte Möglichkeiten für eine derartige Intervention laut dem aktuellen Gutachten ebenfalls. Fragt sich also »nur« noch, ob auch der politische Wille dazu vorhanden ist.

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